Gelenkerhalt und Knorpregeneration
Arthrose

Gelenkerhalt und Knorpelregeneration: Expertenkreis gegründet

Zuletzt aktualisiert am 17. Februar 2024 von tirolturtle

Gelenkerhalt und Knorpelregeneration: Expertenkreis setzt sich für bessere Versorgung von Arthrose und Knorpelschäden ein.

Gelenkerhalt und Knorpelregeneration im Fokus. Am 7. August 2023 kamen Expertinnen und Experten der gelenkerhaltenden Chirurgie zusammen und gründeten den Expertenkreis Gelenkerhalt und Knorpelregeneration Österreich.

Gründungsmitglied und Initiator Dr. Wolfgang Zinser, Facharzt für Orthopädie und Traumatologie, erklärt die Beweggründe für diesen Schritt:

Knorpelregeneration und Gelenkserhalt in Österreich ist leider immer noch unterrepräsentiert und die Österreicher*innen damit unterversorgt.

Zu früh und zu häufig werden vermeidbare künstliche Gelenke eingesetzt. Das hat unterschiedliche Gründe und das wollen wir ändern!

Wie das medizinische Fachportal Universimed berichtet, besteht der Expertenkreis aus Mitgliedern aller orthopädischen und traumatologischen Fachgesellschaften Österreichs, auch ist eine Kooperation und Abstimmung mit den Fachgesellschaften vorgesehen. Die Fachgesellschaften sind:

Gesellschaft für Knorpelregeneration & Gelenkerhalt e.V. (QKG)

Österreichische Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (ÖGOuT)

Österreichische Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (ÖGO)

Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie (ÖGU)

Gelenkerhalt und Knorpelregeneration: Was sind die Ziele?

Die Ziele des neu gegründeten Expertenkreises Gelenkerhalt und Knorpelregeneration Österreich sind laut Auflistung auf dem Fachportal Universimed folgende:

  • die gelenkerhaltenden und regenerativen Eingriffe in der Orthopädie und Unfallchirurgie in Österreich gemäß internationalem Standard besser zu etablieren sowie weiter auszubauen
  • auf österreichische Gegebenheiten abgestimmte Behandlungsempfehlungen und Unterstützung bei Therapieansätzen anzubieten
  • langfristig die Anzahl der notwendigen Gelenkersatzoperationen zu reduzieren, um der österreichischen Bevölkerung häufiger Mobilität mit eigenen Gelenken bis ins Alter zu ermöglichen
  • sich als Gutachtergremium beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz beratend für die Etablierung eines kostendeckenden Vergütungssystems für Gelenkerhalt zu empfehlen
  • Ausbildung und Kenntnisse von Akteur*innen des Gesundheitssystems (Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen, politische Vertreter*innen, Kostenträger etc.) bezüglich der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Gelenkerhalt aktiv zu fördern
  • Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung der betroffenen Patient*innen in Österreich zu fördern

Gelenkerhalt und Knorpelregeneration: die Gründungsmitglieder

Der Expertenkreis Gelenkerhalt und Knorpelregeneration Österreich besteht aus vierzehn Gründungsmitgliedern und ist offen für weitere Mitglieder des österreichischen Gesundheitssystems, die an der Verwirklichung der Ziele mitarbeiten möchten. Die Gründungsmitglieder in alphabetischer Reihenfolge sind:

  • Prim. Priv.-Doz. DDr. Christian Albrecht, Primar der I. Orthopädischen Abteilung, Orthopädisches Spital Speising, Wien
  • Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Silke Aldrian, Leiterin der Spezialambulanz für traumatische Knorpelschäden im AKH Wien
  • Prim. Priv.-Doz. Dr. Alexander Brunner, MBA, Primar Krankenhaus St. Johann in Tirol
  • Univ.-Prof. Dr. Catharina Chiari, MSc, Präsidentin ÖGO, Primaria der Abteilung für Kinderorthopädie und Fußchirurgie am Orthopädischen Spital Speising Wien
  • Dr. Martin Eichinger, PhD, Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol
  • Prim. Priv.-Doz. Dr. René El Attal, Präsident ÖGOuT, Primar Landeskrankenhaus Feldkirch
  • Priv.-Doz. Mag. DDr. Stefan F. Fischerauer, Leiter der Sektion Sport-, Knorpel- und Gelenkchirurgie am Universitätsklinikum Graz
  • Dr. Anne Kleiner, AKH Wien
  • Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, Universität für Weiterbildung Krems
  • Univ.-Prof. Dr. Stefan Marlovits, MBA, Leiter Arbeitskreis Knorpel ÖGU, Zentrum Knorpelregeneration, Orthobiologie und Gelenkerhalt Wien
  • Dr. Florian Obwegeser, MSc, Landeskrankenhaus Feldkirch
  • DDr. Philipp Winkler, Kepler Universitätsklinikum Linz
  • Dr. Alexander Soboll, Oberarzt St. Johann in Tirol
  • Dr. Wolfgang Zinser, OrthoExpert Knittelfeld/Graz, Präsident QKG

Erfreulich, dass sich in Sachen Knorpelregeneration und Gelenkerhalt endlich etwas tut in Österreich. Einerseits steigt die Zahl der Arthrose Fälle weltweit dramatisch, auch nimmt die Zahl der endoprothetischen Eingriffe zu (ca. 40.000 in Österreich jährlich).

Gleichzeitig sind die knorpelregenerativen Eingriffe in Österreich stark unterrepräsentiert. Dazu lässt der Expertenkreis Gelenkerhalt und Knorpelregeneration Österreich im Fachmagazin Universimed verlauten:

Folgt man internationalen Studien, finden sich in vier bis elf Prozent der Kniearthroskopien Knorpelschäden, die dem Indikationsspektrum nach (Größe, Art und Lokalisation) der Knorpelregeneration mittels matrixgestützter autologer Chondrozytentransplantation (mACT) zugeführt werden sollten.

Daraus sollten in Gesamtösterreich jährlich zwischen ca. 1.300 und 3.500 mACT-Behandlungen resultieren.

Tatsächlich erhalten aktuell lediglich ca. 200 Patient*innen in Österreich diese Therapie.
Die mACT ist bei lokalisierten Knorpeldefekten über zwei Quadratzentimeter derzeit der internationale Goldstandard.

Sie zählt in der Orthopädie mit über 23 RCTs und Metaanalysen zu einer der Methoden mit der höchsten Evidenz.

In der Literatur werden sehr gute Langzeitergebnisse mit Verbesserung der Scores bei über 80% der Patient*innen im Follow-up von bis zu 20 Jahren belegt.

Nach aktuellen wissenschaftlichen Daten könnten bei rechtzeitiger adäquater Behandlung von derartigen Knorpelschäden am Kniegelenk 21 Prozent der aktuell jährlich durchgeführten Knieendoprothesen vermieden werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass in Österreich die Behandlungskosten für knorpelregenerative Eingriffe nicht kostendeckend abgebildet sind.

Zudem wird die Vergütung mit LKF-Punkten in den Bundesländern und Krankenhäusern unterschiedlich gehandhabt.

Zur Erklärung: LKF bedeutet leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung. Pro Patient und medizinischer Behandlung gibt es Punkte.

Der Expertenkreis für Gelenkerhalt und Knorpelregeneration sieht darin eklatante Nachteile für die Patient*innen:

Daher werden derartige gelenkserhaltende Methoden an Universitätskliniken und Versorgungskliniken und auch in Privatkliniken zur Benachteiligung der Patient:innen zu selten und nicht flächendeckend angewandt.

Die Folge ist, dass ersatzweise minderwertige Verfahren mit deutlich schlechteren Langzeitergebnissen gehäuft zur Anwendung kommen und infolgedessen zu früh und zu häufig Knieprothesen mit den entsprechenden Folgeproblemen und Kosten eingesetzt werden.

Gelenkerhalt und Knorpelregeneration: Teamarbeit am BKH St. Johann

Als ein gelungenes Beispiel kann die im September 2023 erfolgte erste erfolgreiche Knorpelzelltransplantation im Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol bezeichnet werden.

An der Abteilung für Orthopädie und Traumatologie wurde dieses Verfahren bei einer jungen Patientin mit einem großen Knorpeldefekt hinter der Kniescheibe durchgeführt.

Ständig wiederkehrendes Herausspringen der Kniescheibe und ein damit einhergehenden Knorpeldefekt verursachten bei der Patientin seit Jahren einen großen Leidensdruck.

Wochen zuvor hat das Team für gelenkerhaltende Chirurgie am BKH St. Johann bei einer Biopsie Knorpelgewebe in einem nicht defekten Bereich des Knies entnommen. Daraus wurden in einem Speziallabor mehrere Millionen Knorpelzellen gezüchtet, die dann eingesetzt wurden. Zusätzlich erfolgte eine Stabilisierung der Kniescheibe.

Das Team bestand aus Operateur OA Dr. Martin Eichinger, PhD und OA Dr. Alexander Soboll. Die fachliche Unterstützung und Expertise übernahmen OA Dr. Florian Obwegeser, BKH Feldkirch, und Dr. Wolfgang Zinser Primarius a.D., ebenso waren Experten der Firma Haemo Pharma mit dabei.

Gelenkerhalt und Knorpelregeneration: Hoffnung für Patienten

Aus Patientensicht besteht die Hoffnung, dass es dem neu gegründeten Kreis von Knorpelexperten und Expertinnen gelingt, zur besseren Versorgung von Arthrose Patient*innen und Patient*innen mit Knorpelschaden beizutragen.

Dazu tut sich einiges: Beispielsweise vermittelt die Deutsche Knorpelakademie für Ärzte und Physiotherapeut*innen das erforderliche Basis- und Spezialwissen, um das Zertifikat zum ”Knorpelspezialist QKG“erwerben zu können.

Über den Arthrose Blog Tirolturtle und Patientenorganisation Arthrose Forum Austria besteht eine zum Teil bereits jahrelange Vernetzung mit einigen der Experten.

So ist 2017 das erste Interview mit Dr. Stefan Marlovits von knorpel.at zum Thema moderne Arthrose Behandlungsmöglichkeiten entstanden.

Primar Dr. Alexander Brunner und Dr. Martin Eichinger vom Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol waren Vortragende beim 2. Tiroler Arthrosetag. Auf dem Blog gibt es dazu eine Nachlese sowie einen Beitrag über die Arthrose Übungsvideos für Hüfte und Knie und eine Kniearthrose Studie aus dem BKH St. Johann.

Gemeinsam mit Dr. Wolfgang Zinser ist aktuell ein Knorpel-FAQ im Entstehen, das Arthrose Betroffenen die Thematik näher bringen soll.

Ich gehe also davon aus, dass meine Leser*innen und die Arthrose Community in Österreich direkt und aus erster Hand von Informationen und Aufklärung aus dem Expertenkreis Gelenkerhalt und Knorpelregeneration profitieren wird können.

Hinweis: Die hier geteilten Informationen sollen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz beitragen, ersetzen aber in keinem Fall die ärztliche Diagnose, Beratung und Behandlung.

Foto: Shutterstock

Previous Post Next Post

You Might Also Like

No Comments

Leave a Reply

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner