EPRD Endoprothesenregister
Arthrose

Endoprothesenregister: Deutschland hat eins, Österreich keins

Das Endoprothesenregister trägt in Deutschland erfolgreich zu mehr Patientensicherheit bei. In Österreich gibt es das nicht, lediglich Tirol sammelt Daten.

Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) wurde eingerichtet, um Daten über die Versorgung mit Knie- und Hüftendoprothesen zu sammeln und auszuwerten, damit die Qualität verwendeter Endoprothesen zu sichern und zu verbessern und dadurch die Patientensicherheit zu erhöhen.

Seit Ende 2012 können Kliniken die Daten der implantierten Prothesen und damit versorgten Patienten in das Endoprothesenregister Deutschland eintragen. Damit lassen sich frühzeitig wertvolle Rückschlüsse, etwa auf Implantatversagen, ziehen und so größere Schäden in der Breite vermeiden.

Der umfangreiche Datenpool des EPRD erlaubt es heute und auch künftig, die Ursachen für einen eventuellen Misserfolg bei einem Endoprothesen-Eingriff leichter als bisher aufzuschlüsseln. So lässt sich im Falle eines Falles klären, ob die verwendeten Implantate, das operative Vorgehen oder patientenspezifische Merkmale für eine erneute Operation verantwortlich sind.

Kliniken, die viele künstliche Hüft- und Kniegelenke implantieren, weisen tendenziell bessere Operationsergebnisse auf als Einrichtungen, die wenige Eingriffe durchführen.

Weiteren Einfluss auf die erfolgreiche Verweildauer einer Prothese im Körper, die sogenannte Standzeit, haben die verwendeten Prothesenkomponenten und -materialien sowie die Patienten selbst.

Der Einsatz von jährlich mehr als 400.000 künstlichen Hüft- und Kniegelenken gehört zwar zu den häufigsten Operationen, die in Deutschland durchgeführt werden. Gleichzeitig sind aber jährlich mehr als 30.000 Wechseloperationen erforderlich.

Das Endoprothesenregister Deutschland in Kürze:

  • Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) ist ein freiwilliges Register.
  • Ziel ist die Qualitätsmessung und Qualitätsddarstellung der endoprothetischen Versorgung in Deutschland.
  • Das EPRD wurde 2010 auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC) gemeinsam mit dem AOK-Bundesverband GbR, dem Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) sowie dem Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) aufgebaut.
  • Betreiber des EPRD ist die gemeinnützige EPRD Deutsche Endoprothesenregister gGmbH, eine hundertprozentige Tochter der DGOOC.
  • Mit mehr als 2,6 Millionen erfassten Dokumentationen und 750 datenliefernden Kliniken ist das EPRD das zweitgrößte endoprothetische Register in Europa und das drittgrößte weltweit.
  • Das EPRD ist ein freiwilliges Angebot – auch an die Patienten. Sie werden im Rahmen des Aufklärungsgesprächs vor Operationen auch über den Ablauf der Datenerfassung sowie Zweck und Ziel des EPRD informiert. Nur wenn die Patienten einverstanden sind und eine Einwilligungserklärung unterzeichnen, werden die Daten zum Implantat und zum Eingriff erfasst und pseudonymisiert* an die Registerstelle übermittelt.
  • Für Patienten ist die Teilnahme am EPRD kostenfrei.

2022 feierte das Endoprothesenregister Deutschland das 10-jährige Jubiläum und konnte eine dementsprechende erfolgreiche Bilanz ziehen.

Prof. Carsten Perka, ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und wissenschaftlicher Leiter sowie Sprecher des Executive Committee des EPRD:

Die verbesserte Nutzung von Gesundheitsdaten für die optimale Versorgung unserer Patienten sowie auch für die klinikübergreifende Forschungsarbeit ist ein Riesenthema. Das EPRD hat an dieser Stelle wertvolle Pionierarbeit geleistet.

Dipl.-Kfm. Marc D. Michel, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Medizintechnologie e.V. (BVMed) und Sprecher der Geschäftsführung der Peter Brehm GmbH (Spezialanbieter für Endoprothetik)

Das EPRD ist eine gemeinsame Erfolgsgeschichte von Ärzten, Krankenkassen und Herstellern. Wir haben dadurch eine hervorragende Datenbasis, um die Qualität des Versorgungsprozesses und der Implantate beurteilen zu können.

Die nächsten 10 Jahre sind entscheidend für den dauerhaften Erfolg des Registers. Denn es geht um Langzeitdaten. Und es geht um den MedTech-Standort Deutschland.

Den Herstellern müssen die umfassenden Registerergebnisse zur Verfügung gestellt werden, um die unter den Bedingungen der neuen EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) vorhandene Pflicht nach klinischen Daten umfassend erfüllen zu können.

Aber auch das Auffinden von Innovationspotentialen aus Registerdaten steht für die BVMed-Unternehmen besonders im Fokus. Deshalb muss die Erfolgsgeschichte des EPRD fortgeschrieben werden.

Endoprothesenregister Deutschland: Was ist das?

Was ist ein Endoprothesenregister? Und was macht es? Diese Fragen beantwortet der im Oktober 2023 präsentierte neue EPRD-Erklärfilm.

Der animierte Erklärfilm erklärt anschaulich und leicht verständlich die Arbeit des EPRD – ergänzend zur jährlich aktualisierten Patienteninformation.

Timo Stehn, Geschäftsführer EPRD, über den neuen Erklärfilm:

Ein weiteres patientenorientiertes Angebot als Bewegtbild neben der Patienteninformation als Printprodukt ist einfach zeitgemäß, insbesondere für diejenigen, die sich über das EPRD bei ihrem Arzt auf unserer Website oder auf YouTube in Form eines Videos informieren wollen.

Wir haben diesen Film auch für unsere datenliefernden Kliniken und die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gemacht. Das EPRD lebt von der Zustimmung der Patienten, die sich einverstanden erklären müssen, dass die Daten zum Eingriff und zum Implantat an das EPRD weitergeleitet werden.

Ziel ist es, das Aufklärungsgespräch beim behandelnden Arzt zu erleichtern. Wir sind jetzt schon gespannt auf die Anzahl der Views.

 

Endoprothesenregister Deutschland: Jahresbericht 2023

Im Oktober 2023 hat das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) seinen Jahresbericht veröffentlicht. Erstmals überschritten die Zahlen der ans EPRD gemeldeten Hüft- und Knieendoprothesen-OPs mit 347.702 Dokumentationen das Niveau der Vorpandemie-Zeit.

Dies bedeutet einen Anstieg um knapp neun Prozent gegenüber dem Höchstwert aus 2019. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 177.826 Hüfterstimplantationen und 137.030 Erstimplantationen am Kniegelenk dokumentiert.

Mit dem aktuellen Jahresbericht veröffentlicht das EPRD erstmalig Ergebnisse im 10-Jahres-Zeitverlauf. Sie geben neue Aufschlüsse über Entwicklungen beispielsweise bei Folgeeingriffen am Hüftgelenk: War 2012/2013 ein lockeres Implantat noch für jede zweite Wechseloperation verantwortlich, so hat sich dieser Wert 2022 auf rund 23 Prozent verringert.

Ähnlich wie bei den Folgeeingriffen am Hüftgelenk zeichnet sich auch bei jenen am Knie im Zeitverlauf ein Rückgang der Lockerungen ab. Im Vergleich zu den Hüft-Folgeeingriffen fällt dieser mit „nur“ elf Prozentpunkten von fast 34 Prozent 2014 auf fast 23 Prozent 2022 geringer aus.

Um ein sogenanntes Mismatch handelt es sich, wenn die Kombination der implantierten Komponenten nicht passend ist. Im Jahr 2022 wurden beispielsweise 27 Fälle bei Hüftgelenkimplantationen registriert, bei denen der Hüftkopf für das Insert oder die Pfanne zu groß war und in 28 Fällen zu klein.

Die Kombination nicht passender Komponenten kann bei zu großen Köpfen zu Hüftverrenkungen führen, bei zu kleinen Köpfen zur folgenschweren Schädigung des Pfanneneinsatzes oder des Kopfes. Einen nachhaltigen Rückgang der jährlichen Mismatch-Fälle konnte das EPRD bisher nicht feststellen.

Die Zahl der Mismatches ist im Vergleich zu 2021 sogar deutlich gestiegen. Um dieser Tendenz zu begegnen und um die Kliniken bei der Vermeidung von Mismatches oder bei deren sofortiger Korrektur zu unterstützen, hat das EPRD eine Software entwickelt, die unmittelbar nach dem Erfassen der Implantate einen Warnhinweis gibt.

Des Weiteren baut das EPRD seine Prüfregeln weiter aus, um noch stärker zur Patientensicherheit beizutragen.

Das PDF des EPRD-Jahresberichts 2023 ist als Download verfügbar.

Interessant auch die Frage, wer das Endoprothesenregister finanziert und wenn es zu Problemen mit Implantaten kommt. Dazu ist im September 2023 in der Fachzeitschrift medizin & technik ein Interview mit Prof. Carsten Perka erschienen:

Die Hersteller finanzieren das Register mit und wenden sich mit Fragen an uns.

Wenn die Auswertungen etwa zeigen, dass es mit einem bestimmen Implantat in einer Klinik Probleme gibt, kann das ein Ansatzpunkt für eine Maßnahme sein:

Der Hersteller bietet dann zum Beispiel erweiterte Schulungen oder passt die Anwendungshinweise an, um die Zuordnung eines Implantates zu einer Indikation zu erleichtern.

Eine Untersuchung des wissenschaftlichen Instituts der AOK hat große Unterschiede in der Behandlungsqualität bei Kniegelenkersatz ergeben: Die besten Kliniken verzeichnen nur halb so hohe Komplikationsraten wie die Häuser im unteren Viertel der Bewertungsskala. Der AOK-Bundesverband plädiert deshalb dafür, die Mindestzahl von jährlich 50 Operationen zu erhöhen.

Prof. Karl-Dieter Heller, ärztlicher Direktor, Chefarzt der Orthopädischen Klinik und Leiter des Endoprothetikzentrums der Maximalversorgung am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig, nimmt in einem im November 2023 erschienen Interview in der ÄrzteZeitung dazu Stellung:

Das kann ich nur unterstützen. 50 Operationen – eine pro Woche, das ist definitiv zu wenig. Zumal wir ja sehr unterschiedliche Implantate verwenden, die jeweils eigene Ansprüche an den Operateur stellen: Es gibt bikondyläre Oberflächenersatzprothesen, Schlittenprothesen und Wechselendoprothesen.

Höhere Op-Zahlen bedingen meist auch bessere Ergebnisse. Die Behandlungsqualität bei Knie-TEP hängt entscheidend von der Routine des Operateurs ab. Auch bei einer Mindestmenge von 50 Prothesen können sich diese Eingriffe auf zehn Ärzte verteilen, von denen keiner entsprechende Routine erlangt.

Mein Vorschlag: Mindestmengen für jede Variante. Beispielsweise wenigstens 70 Oberflächenersatzprothesen, 30 Schlitten, 20 Wechseloperationen. Am Ende sollte eine Klinik mindestens 120 dieser Operationen aus diesen drei Bereichen durchführen.

Bei uns im Herzogin Elisabeth Hospital sind es jedes Jahr rund 2100 Endoprothesen, darunter 1000 Hüft- und 800 Kniegelenke, der Rest sind Wechseloperationen. Ich selbst führe jährlich über 600 Endoprothesen-Operationen durch.

 

Zum Schluss noch ein Blick auf Österreich: Warum gibt es kein vergleichbares Register für österreichische Kliniken und Patient*innen? Gelenkexperte Priv.-Doz. Dr. Jochen Hofstätter, Orthopädischen Spital Speising, hat dazu in einem früheren Beitrag auf meinem Blog Stellung genommen:

Das in vielen Ländern verpflichtende Endoprothesenregister gibt es in Österreich nicht.

Wenn man sich überlegt, wieviel tausende Patienten operiert werden, gibt es aber viel zu wenig Daten über die Langlebigkeit der Hüft-und Knieendoprothesen.

Ein zentrales Endoprothesenregister würde da sehr zur Patientensicherheit beitragen.

Das ausführliche Interview mit Dr. Jochen Hofstätter (erschienen 2020) über das Nichtvorhandensein eines Endoprothesenregisters in Österreich (lediglich im Bundesland Tirol werden Daten gesammelt), über die Sicherheit von Implantaten, Revisions-OPs, etc. gibt es hier nachzulesen: Endoprothesenregister für Österreich: Dr. Jochen Hofstätter.

Das Hauptziel des Prothesenregisters Tirol (PRT) ist die Verbesserung der Qualität der Behandlung im Bereich der Endoprothetik.

Sowohl die Ergebnisqualität der behandelnden Abteilungen als auch die Qualität der Implantate (im Rahmen internationaler Kooperationen) sollen verbessert werden.

Subjektiv empfundene Behandlungserfolge der Patienten – das sind die sogenannten Patient Related Outcome Measure (PROM) – werden über WOMAC-Fragebögen (Beurteilung arthrosebedinger Beschwerden) ausgewertet.

Hinweis: Die hier geteilten Informationen sollen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz beitragen, ersetzen aber in keinem Fall die ärztliche Diagnose, Beratung und Behandlung.

Foto: EPRD

 

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