Zuletzt aktualisiert am 2. Dezember 2024 von tirolturtle
Blutegel Therapie bei Arthrose: Hilft das? Ein Gastbeitrag von Österreichs Hirudotherapie Expertin Denisa Staufer über die schmerzlindernde Behandlungsmethode.
Blutegel Therapie bei Arthrose: hilft das? Ein Thema, das mir schon lange am Herzen liegt. Schon mehrfach habe ich darüber gelesen, TV-Beiträge gesehen, etwa über die Anwendung der Blutegeltherapie an der Charité in Berlin.
Was mir bislang fehlte, war ein Ansprechpartner bzw. Ansprechpartnerin in Österreich. Denn ich selbst interessiere mich sehr für diese Behandlung. Die Blutegel Therapie soll ja insbesondere auch bei Rhizarthrose helfen und gute Ergebnisse zeigen.
Umso mehr freut es sich, dass sich die Expertin für Hirudotherapie, Dr. Denisa Staufer bei mir gemeldet hat. Wir haben uns ausgetauscht und gerne habe ich der österreichischen Gesundheitswissenschaftlerin angeboten, das Thema näher zu beleuchten. Ich meine, es besteht hoher Informationsbedarf.
Was ist eine Blutegel Therapie (Hirudotherapie): Die Blutegel Therapie zählt zu den ältesten überlieferten Heilmethoden. Bei der Behandlung werden medizinische Blutegel – meist der Hirudo medicinalis – an betroffenen Stellen angelegt, um einen kleinen Aderlass zu erwirken. Die Wirkung dieser Therapie beruht neben dem schonenden Aderlass auf den Inhaltsstoffen des Sekretes, welches der Blutegel während des Saugvorganges in den Körper des Patienten einbringt.
In der Hirudotherapie-Praxis von Dr. Denisa Staufer in Regau in Oberösterreich steht interessierten Arthrose Betroffenen die Möglichkeit offen, diese Behandlungsmethode zur Schmerzbehandlung bei Arthrose Beschwerden auszuprobieren.
Was die Blutegel Therapie bzw. medizinische Hirudotherapie bei Arthrose bewirken kann und wie sie angewendet wird, beschreibt Dr. Denisa Staufer, MSc, MEd (Gesundheitswissenschaftlerin und allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige im Gesundheitswesen) im Gastbeitrag für meinen Blog.
Blutegel Therapie bei Arthrose: Gastbeitrag von Dr. Denisa Staufer, Msc, MEd
Seit 2006 bin ich als Gutachterin im medizinisch-pflegerischen Bereich tätig. Bei meiner Arbeit begegne ich häufig Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden.
Verzweifelt, ohne Hoffnung und kraftlos erzählen mir die Betroffenen über ihr Leiden und ihre Schmerztherapie Erfahrungen: … Schmerztabletten, Schmerzpflaster, zu alt, nicht mehr operabel, langfristige Nebenwirkungen der Medikamente, austherapiert…
Diese erschreckenden Ergebnisse haben mich dazu motiviert, meine Dissertation dem Thema der Inanspruchnahme bzw. Suche einer adäquaten Schmerztherapie zu widmen.
Die Recherche zeigte, dass eine multimodale Schmerztherapie maßgeblich durch die schulische Medizin und chemisch hergestellte Medikamente geprägt und praktiziert wird.
Bei meiner Suche nach alternativen und komplementären Schmerzbehandlungsmöglichkeiten entdeckte ich, eine mir absolut unbekannte Behandlungsmethode, die sogenannte medizinische Hirudotherapie.
Hirudotherapie? Ja. Hirudo medicinalis – der medizinische Blutegel. Ich muss zugeben, ab dem Zeitpunkt haben mir die kleinen Vampire keine Ruhe mehr gelassen.
Die Recherche war allerdings nicht einfach. Eine qualifizierte Aus- bzw. Fortbildung für die Hirudotherapie existiert in Österreich nicht und die Suche nach seriösen Praktizierenden in Österreich war auch endlos.
Ich habe mich in Deutschland weitergebildet und hauptsächlich auf orthopädische und rheumatische Erkrankungen spezialisiert. Die Biebertaler Blutegelzucht (Bundesland Hessen) bildet seit über 20 Jahren mehrmals im Jahr die interessierte Ärztinnen/Ärzte, Tierärztinnen/Tierärzte und Heilpraktikerinnen/Heilpraktiker aus.
In meiner Praxis in Regau (Oberösterreich, Bezirk Vöcklabruck) praktiziere ich diese traditionelle Heilmethode, die zu den ältesten der überlieferten Medizingeschichte gehört.
Bereits in der Antike wurden Blutegel als Behandlungsmethode eingesetzt. Durch das Prestige der Schulmedizin ist die Hirudotherapie fast in Vergessenheit geraten. Derzeit erleben die kleinen Tiere ein Comeback in der modernen Humanmedizin.
Die Behandlung erfordert umfassende Fachkenntnisse und soll daher unbedingt von erfahrenen medizinischen Fachkräften durchgeführt werden.
Nicht umsonst kommt die Blutegeltherapie auch in den größten Krankenhäusern Europas, AKH Wien oder Charité Berlin, immer öfter zum Einsatz.
Das Interesse der Patientinnen und Patienten verstärkt sich zunehmend, vor allem für die lokale Blutegelbehandlung chronisch degenerativer Erkrankungen des Bewegungsapparats – Stichwort „Arthrose“.
Die erstaunliche schmerzlindernde, entzündungshemmende und dadurch auch die Beweglichkeit verbesserte Wirkung der Blutegeltherapie ist bei Arthrosen wissenschaftlich nachgewiesen.
Die Wirkung dieser Therapie beruht neben dem schonenden Aderlass auf den Inhaltsstoffen des Sekretes, welches der Blutegel während des Saugvorganges in den Körper des Patienten einbringt.
Die Hauptinhaltsstoffe Hirudin, Calin und Eglin wirken schmerzstillend, entzündungshemmend, blutverdünnend, gefäßerweiternd, beschleunigen den Lymphstrom und regen das Immunsystem an.
Neben den diversen Arthrose Beschwerden steht die medizinische Hirudotherapie auch für folgende Anwendungsgebiete zur Verfügung:
- Schmerzlinderung bei diversen Erkrankungen:
- Rheuma, akute und chronische Gelenkentzündungen, Wirbelsäulenbeschwerden
- Sportverletzungen
- Postoperative Hämatomen
- Behandlung von Tinnitus
- Kopfschmerzen
- Gicht
- Durchblutungsstörungen und vieles mehr
Für wen ist die Blutegeltherapie nicht oder nur eingeschränkt geeignet?
Natürlich gibt es Grenzen der Blutegeltherapie und auch Ausschlusskriterien, bei denen diese Behandlung nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden kann oder darf:
- Bei ausgeprägten Immunschwächen (z.B. AIDS, Chemotherapie, Dialysepatienten
- Allergien gegen Inhaltsstoffe des Speichels (z.B. Hirudin)
- ausgeprägte Insektenstich- oder Histamin-Allergie bzw. Anaphylaxie
- Blutarmut (massive Anämien)
- Störung der Blutgerinnung (Bluter)
- Einnahme von Gerinnungshemmern wie Marcoumar, Plavix u.a.
- Fortgeschrittene Lebererkrankungen
- Schwangerschaft
- Akute Infektionserkrankungen, Fieber
- Schwerwiegende Organerkrankungen (z.B. erosive Gastritis)
- Wundheilungsstörungen
Blutegeltherapie bei Arthrose: Wie läuft sie ab?
- Beim therapeutischen Einsatz werden Blutegel je nach Indikation ein oder mehrmals über dem betroffenen Körperteil aufgesetzt.
- Manchmal ist eine einmalige Behandlung ausreichend, bei chronischen Beschwerden sind allerdings mehrere Behandlungen meistens erforderlich.
- Der Egel saugt sich zunächst mit dem hinteren Ende fest und sucht dann mit dem vorderen Ende eine geeignete Bissstelle.
- Der Biss ist schmerzarm.
- Für einige Minuten ist anschließend ein leichtes Stechen oder Brennen zu spüren (wie ein Mückenstich oder Brennnessel).
- Während des Saugaktes bleibt der Egel die ganze Zeit an derselben Stelle, er kriecht nicht über den Körper.
- Ein Blutegel nimmt zwischen 10 und 20 ml Blut auf, daher wird diese Therapieform oft auch als „Mini-Aderlass“ bezeichnet.
- Diese Prozedur kann zwischen 30 und 90 Minuten dauern.
- Aus diesem Grund sollte der Patient genügend Zeit und Geduld mitbringen, denn der Blutegel darf niemals von der Haut abgerissen werden.
- Hat der Blutegel seine Mahlzeit beendet, fällt er von alleine ab.
- Der Saugvorgang darf nicht vorzeitig unterbrochen werden, da es sonst leicht zu Infektionen kommen kann.
- Nach Beendigung des Saugvorganges blutet es noch für einige Stunden nach.
- Die Nachblutung dient der Wundreinigung und Ausleitung und ist wichtiger Bestandteil der Therapie.
- Wir legen einen lockeren Verband auf, der die Nachblutung nicht unterbrechen darf.
- Am nächsten Tag sollen Kontrolle der Bissstelle und Verbandswechsel erfolgen.
- Wir kümmern uns um Sie, solange die Blutegeltherapie dauert.
- Sie sitzen oder liegen ruhig und gemütlich in unserem Therapieraum und haben jederzeit einen Ansprechpartner bei Fragen oder Problemen.
- Nach Beendigung der Blutegel-Sitzung bekommen Sie von uns einen saugstarken Verband, der die Nachblutung auffangen aber nicht unterbrechen soll.
- Immer am Tag nach der Blutegeltherapie (natürlich auch samstags und an Feiertagen) erfolgt in unserer Praxis der Verbandswechsel.
- Auch anschließend sind wir ansprechbar bei Unklarheiten und Komplikationen, die bei sachgerechter Handhabung extrem selten auftreten.
Blutegel Therapie bei Arthrose: hilft das auch bei Rhizarthrose?
Wie schon in der Einleitung für diesen Gastbeitrag erwähnt, soll die Blutegel Therapie auch bei Rhizarthrose gute Ergebnisse zeigen. Da ich von Rhizarthrose betroffen und stets daran interessiert bin, meinen Blumenstrauß bzw. Arthrose Selbstmanagement zu ergänzen, möchte ich diese Therapieform ausprobieren.
Dr. Denisa Staufer wird in den kommenden Wochen ihre neue Praxis in einem ehemaligen Kloster im oberösterreichischen Regau eröffnen bzw. übersiedeln. Sie meint, dass die Atmosphäre im Kloster perfekt zur uralten Blutegel-Therapie passt.
Besonders freut sie sich darüber, dass es einen behindertengerechten bzw. barrierefreien Zugang gibt. Immerhin ist ihre älteste Patientin (94 Jahre) und hat Knie-Arthrose.
Wenn es sich einrichten lässt, werde ich also bald nach Regau „pilgern“ und die Blutegel Therapie testen. Und natürlich auch davon berichten.
Abschließend habe ich noch weiterführende Artikel und Links für dich. In diesen Beiträgen geht es ebenfalls um die Blutegel Therapie bei Arthrose. Besonder spannend finde ich den Beitrag von und mit Professor Andreas Michalsen, Professor für Klinische Naturheilkunde der Charité Berlin und Chefarzt der Abteilung Innere Medizin und Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin.
Artikel in der Medical Tribune über medizinische Blutegel
Artikel im Focus über neue Forschung zu Blutegel
Artikel ZDF über Blutegel und Tipps Prof. Andreas Michalsen
Blutegeltherapie bei Arthrose im Knie: wissenschaftliche Belege fehlen
Du kannst auch auf meinem Blog stöbern. Es gibt einen Rhizarthrose Schwerpunkt mit Tipps und Beiträgen, wie du deine Beschwerden lindern kannst, wie z.B. Arthrose Hand was hilft?
Wenn du dich mit Betroffenen austauschen möchtest, werde Mitglied der österreichischen Arthrose Community. Nähere Informationen findest du auch auf der von mir gegründeten Plattform Arthrose Forum Austria.
Hinweis: Die hier geteilten Informationen sollen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz beitragen, ersetzen aber in keinem Fall die ärztliche Diagnose, Beratung und Behandlung.
Fotos: Shutterstock, privat
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