Injektionstherapie bei Kniearthrose: Kortisol, Hyaluronsäure, plättchenreiches Plasma (PRP) und mesenchymale Stammzelltherapien (BMAC) – ein kritischer Vergleich.
Arthrose ist die häufigste chronische Gelenkerkrankung. Weltweit steigt die Zahl der Arthrose Fälle, wobei die Kniearthrose den größten Anteil an der Gesamtbelastung hat.
Die logische Schlussfolgerung daraus: es werden mehr orthopädische Behandlungen benötigt und die Gesundheitsausgaben steigen.
Was hilft bei Kniearthrose? Außer Frage stehen konservative Behandlungsmethoden, wie Physiotherapie, Bewegungstraining, GLA:D Therapie, etc.
Um frühzeitig Knorpelschäden zu behandeln und damit das Arthrose Risiko zu verringern, stehen regenerative Knorpeltherapien derzeit hoch im Kurs. Siehe dazu meine zweiteilige Serie mit Knorpelexperte Dr. Wolfgang Zinser.
Knorpelschaden Knie und Therapie: 13 Fragen an Experte Dr. Wolfgang Zinser
Eingesetzt werden in erster Linie zellbasierte Therapien, wie die Bone Marrow Aspirate Concentrate (BMAC).
The Dilemma of Drink Selection for the Modern Orthopaedic Surgeon (Das Dilemma der Getränkewahl für den modernen orthopädischen Chirurgen) – eine Studie, erschienen in The Journal of Arthroscopic and Related Surgery legt dar, dass der Entscheidungsprozess für die Verwendung von BMAC selbst für erfahrene Ärzte immer komplexer werde.
Deshalb auch der vielsagende Titel der Studie: Platelet-Rich Martini or Vodka Hyaluronate? (Thrombozytenreicher Martini oder Wodka-Hyaluronat?)
Welche Injektionen sind also tatsächlich bei Kniearthrose wirksam? Was sind die besten Behandlungsmethoden bei Kniearthrose?
Die österreichischen Wissenschaftler und Ärzte
- Christof Pabinger, Institute for Regenerative Medicine (IRM) Graz,
- Georg Stefan Kobinia, Austrian Society of Regenerative Medicine (RegMed), Wien
- Dietmar Dammerer, Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, Klinische Abteilung für Orthopädie und Traumatologie, Universitätsklinikum Krems
haben die verschiedenen Behandlungsoptionen bei Kniearthrose anhand veröffentlichter Daten einem kritischen Vergleich unterzogen.
Dazu ist in Frontiers in Medicine eine umfassende Analyse erschienen, die die Wirksamkeit von
- Kortisol
- Hyaluronsäure
- plättchenreichem Plasma (PRP) und
- Bone Marrow Aspirate Concentrate (BMAC)
als potenzielle Behandlungsoptionen bei Kniearthrose untersucht. Die Studienautoren haben die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesen Injektionstherapien, um deren Nutzen und potenzielle Risiken bei der Behandlung der Kniearthrose zu bestimmen, evaluiert.
Es wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, klinische Studien, Metaanalysen und Leitlinien berücksichtigt, um so die Evidenzlage zu den einzelnen Therapieformen zu bewerten.
Zusammengefasst vertreten die Autoren folgende Meinung:
- Konservative Maßnahmen z. B. Dehnung, Einlagen, Physiotherapie, Gewichtsreduktion und Radfahren sind die erste Wahl bei den Therapien und sollten jede Injektionstherapie begleiten.
- Patella-Fehlstellungen, Varus-/Valgus-Abweichungen und Band- oder Meniskusverletzungen müssen – unabhängig vom Alter – zuerst operativ korrigiert werden, da sie wesentliche Risikofaktoren für eine Kniearthrose darstellen.
- Die Knietotalendoprothese (TKA) ist nach wie vor der Goldstandard bei schwerer Arthrose, die auf konservative Maßnahmen nicht anspricht, mit 95 % guten und hervorragenden Ergebnissen nach 20 Jahren.
Injektionstherapien bei Kniearthrose: ein kritischer Vergleich
Bei den Injektionstherapien mit Kortisol, Hyaluronsäure, plättchenreichem Plasma (PRP) und Bone Marrow Aspirate Concentrate (BMAC) kommen die Autoren zu folgenden Ergebnissen:
Kortikosteroid-Injektionen: Diese bieten kurzfristige Schmerzlinderung und funktionelle Verbesserung, die über den Placeboeffekt hinausgehen. Allerdings sind diese Vorteile typischerweise von kurzer Dauer und verlieren oft nach sechs Wochen an klinischer Relevanz bei Patienten mit Kniearthrose.
Hyaluronsäure-Injektionen: Die Wirksamkeit von Hyaluronsäure-Injektionen ist umstritten. Einige Studien berichten über eine Verbesserung der Symptome, während andere keinen signifikanten Unterschied im Vergleich zu Placebo feststellen. Zudem können sie das Risiko für weitere Schmerzen erhöhen.
Plättchenreiches Plasma (PRP): PRP-Injektionen haben gezeigt, dass sie die Schmerzen bei Kniearthrose reduzieren und die Gelenkfunktion verbessern können. Allerdings ist die Evidenz begrenzt, und weitere hochwertige Studien sind erforderlich, um die optimale Anwendung zu bestimmen.
Mesenchymale Stammzelltherapie (BMAC): Diese Therapie zeigt Potenzial in der Knorpelregeneration. Allerdings sind die klinischen Ergebnisse noch nicht eindeutig, und es besteht ein Bedarf an weiteren Studien, um ihre Wirksamkeit und Sicherheit zu bestätigen.
Keine der untersuchten Injektionstherapien biete laut den Wissenschaftlern eine definitive Lösung für Kniearthrose. Die Wahl der Therapie sollte individuell erfolgen, basierend auf dem Schweregrad der Erkrankung, den Patientenpräferenzen und den potenziellen Risiken. Es bestehe ein Bedarf an weiteren hochwertigen Studien, um die optimale Behandlungsstrategie zu bestimmen.
Hinweis: Die hier geteilten Informationen sollen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz beitragen, ersetzen aber in keinem Fall die ärztliche Diagnose, Beratung und Behandlung.
Foto: Shutterstock
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