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Rheuma

Rheuma Bewegt: Rheuma, Arthrose & Co. im Fokus

Zuletzt aktualisiert am 23. September 2023 von tirolturtle

Rheuma Bewegt: Immer noch ist zuwenig über die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreise bekannt. Die Rheumaverbände klären auf.

Rheuma Bewegt: Rund 2,5 Mio. Menschen leiden in Österreich an einer rheumatischen Erkrankung, tendenziell mehr Frauen als Männer.

Arthrose, Rheumatoide Arthritis, Osteoporose oder Morbus Bechterew sind nur vier von 400 Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Immer noch wird es haufig als Beschwerde altered Menschen gesehen, tatsachlich sind jedoch vielfach auch Kinder und junge Menschen betroffen — Frauen ofter als Manner.

Das Risiko, irgendwann im Laufe des Lebens eine Krankheit des Stutz- und Bewegungsapparats zu erleiden, liegt geschatzt bei 70 bis 80 Prozent.

Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeit der Gelenke am Morgen sowie Entzundungen, die in Schuben wiederkehren, konnen erste Hinweise sein.

  • Rheuma umfasst zahlreiche entzündliche und nicht-entzündliche durch Abnutzung und Alterungsprozesse hervorgerufene Erkrankungen an den Gelenken, Sehnen, Knochen und Muskeln.
  • Die rheumatoide Arthritis ist die haufigste, aber nicht die einzige entzundliche Gelenkserkrankung.
  • Der Morbus Bechterew (syn.: ankylosierende Spondylitis) ist eine entzundliche Erkrankung der Wirbelsaule unter moglicher Beteiligung von peripheren Gelenken.
  • Im Rahmen einer Schuppenflechte kommt es ebenfalls haufig zu Gelenkentzundungen (Psoriasisarthritis).
  • Vor allem junge Menschen konnen zudem an so genannten Kollagenosen wie dem Lupus erythematodes erkranken.

Ohne Behandlung fuhrt Rheuma meist zu einer fortschreitenden Schadigung bzw. Zerstorung der Gelenke. Neben Schmerzmitteln werden auch Medikamente (sogenannte Basistherapeutika) eingesetzt, die den Verlauf der Gelenkentzundung positiv beeinflussen und das Fortschreiten der Erkrankung verzogern.

Bei unzureichendem Therapieerfolg kommen Biologika zum Einsatz. Ihre Wirkung beruht auf der gezielten Hemmung entzundungsfordernder Botenstoffe (Zytokine). Wesentlich ist dabei eine entsprechende Therapietreue, auch wenn man beschwerdefrei ist.

Rheuma ist nicht heil-, aber in zwischen gut behandelbar. Je fruher die Erkrankung erkannt und therapiert wird, desto besser sind die Prognosen und desto eher konnen mogliche Folgeschaden vermieden werden. Dennoch dauert es nach wie vor oft Jahre, bis die Diagnose gestellt wird.

Diese Unwissenheit, der zunehmende Mangel an Fachärzt*innen/Rheumatolog*innen, das Fehlen flächendeckender Rheumaambulanzen und zu geringe finanzielle Mittel für medizinische Ausbildung, Schulung und Information auch der breiten Öffentlichkeit sind die wesentlichen Ursachen dafür.

Immer öfter sind Patientenorganisationen daher gefordert, die notwendige Beratungs- und Aufklärungsleistungen zu übernehmen, was sie mitunter an ihre Grenzen bringt.

Dieser großen Herausforderungen wollen sich die

künftig in noch engerer Zusammenarbeit stellen.

Im Rahmen eines Pressegesprächs an der MedUni Wien wurde deshalb die gemeinsame Aufklärungsaktion „Rheuma Bewegt!“ präsentiert.

Nach dem Start im Oktober 2022 in Wien, geht der Rheuma-Bus 2023 auf Österreich-Tour. Betroffene und Interessierte können sich von Rheumatolog*innen und Patientenvertreterinnen kostenlos beraten lassen.

Die Rheuma-Organisationen ließen mit Forderungen an das Gesundheitswesen und die Politik aufhorchen: Die derzeitige Versorgungssituation sei nicht mehr adäquat gegeben und beeinträchtige das Wohl der von einer rheumatischen Erkrankung Betroffenen.

Wie eine von der ÖRL durchgeführt Umfrage unter 160 Rheumapatient:*innen ergeben hat, fordern mehr als 55 Prozent der Betroffenen in Österreich:

  • Mehr (Kassen-)Ärzt*innen und Rheumaambulanzen
  • deutlich geringere Wartezeiten auf Untersuchungstermine
  • kürzere Wegstrecken
  • idealerweise die Betreuung durch gleichbleibende Mediziner*innen bzw. zumindest einen besseren Austausch von Patient*innendaten
  • und mehr Zeit für das persönliche Gespräch

Dies bedingt eine höhere Dichte, die in vielen Regionen derzeit nicht gegeben ist. Sie sei jedoch notwendig, um zeitnah die entsprechende Therapie einzuleiten, bestätigt Prim.a Dr.in Judith Sautner, Präsidentin der ÖGR, Leiterin der 2. Medizinischen Abteilung am LK Stockerau mit Schwerpunkt Rheumatologie.

Neue Behandlungsempfehlungen, die Implementierung des „Treat to target“-Prinzips in der klinischen Praxis ebenso wie die Überwachung komplexer Therapiestrategien, insbesondere mit modernen Medikamenten, bedingen eine höhere Anzahl von fachärztlichen Kontrollen bzw. eine engmaschigere Überwachung als in früheren Jahren – mit dem Effekt einer deutlich verbesserten Lebensqualität der Patient*innen.

„Die wesentliche Funktion der Fachärzte*innen der Innere Medizin und Rheumatologie im Gesundheitswesen kann mit der derzeitigen Versorgungssituation, speziell im niedergelassenen Bereich, nicht adäquat erfüllt werden“, bestätigt Sautner.

Der eklatante Mangel an Rheumatolog*innen werde sich weiter verstärken, unter anderem, weil der fertig ausgebildete Nachwuchs aufgrund fehlender rheumatologischer Kassenplanstellen und einer nicht entsprechenden Honorierung in andere Fachbereiche ausweichen muss – die Leistungen werden gar nicht, inadäquat und regional sehr unterschiedlich abgegolten.

„Das beeinträchtigt das Wohl der Patient*innen und widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz“, Sautner abschließend: „Seitens der ÖGR und der ÖGIM (Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin) wurden bereits Initiativen gesetzt und Forderungen an Politik und Sozialversicherungsträger gestellt:

  • wie zum Beispiel die Zurverfügungstellung eines entsprechenden Budgets
  • und die Aufnahme spezifisch rheumatologisch-fachärztlicher Leistungen in den honorierten Leistungskatalog,
  • um die aktuell zunehmend angespannte Situation zu lindern und vor allem die künftige Versorgung sicherzustellen.

Rheumabus der Österreichischen Rheumaliga

 

Rheuma Bewegt: innovative Rheumatologie

„Die Rheumatologie gehört heute zu den innovativsten Feldern der klinischen Immunologie“, bestätigt Univ.-Prof. Dr. Daniel Aletaha, Leiter Klinische Abteilung für Rheumatologie, Universitätsklinik für Innere Medizin III, MedUni Wien/AKH Wien.

Edit 2023: Daniel Aletaha ist Präsident der European Alliance of Associations for Rheumatology European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR).

Als größte Aufgabe der Zukunft sieht er die Implementierung der enormen Wissenszuwächse in die Anwendung an den Patient*innen. Dazu bedarf es bestens ausgebildeter Fachärzt*innen.

Bestimmte, nicht entzündliche, zumeist degenerative Krankheitsfelder wie die Arthrose würden zudem nach wie vor große Herausforderungen darstellen.

Auch gelte es, die hohe Qualität heimischer medizinischer Leistungen zu bewahren: eine Studie unter österreichischer Federführung, die im New England Journal of Medicine publiziert wurde, spreche dafür:

Hier zeigt ein neuer Therapieansatz, der einen Schlüsselbotenstoff für Entzündungen hemmt, beeindruckende Erfolge bei Patient*innen, bei denen die Standardbehandlung keinen ausreichenden Erfolg brachte.

Ein weiteres europäisches Großprojekt, das von unserer Abteilung für Rheumatologie der MedUni Wien in Kürze koordiniert werden wird, beschäftigt sich damit, aus dem Pool der bestehenden, bereits zugelassenen Arzneimittel die bestmögliche individuelle Therapie für Patient*innen herauszufiltern.

Das könne mittels Biomarker erfolgen, die die richtige Wahl des Medikaments erlauben, durch ein verbessertes Dosierungsschema und eine engmaschige Kontrolle während ihrer laufenden Therapie.

Rheuma Bewegt: Aufklärung über Rheuma wesentlich

Je jünger die Betroffenen, desto schwieriger ist die Diagnose. Aber auch bei Erwachsenen werden Schmerzen oft nicht ernst und die systemischen Zusammenhänge nicht wahrgenommen bzw. mit einer rheumatischen Erkrankung in Verbindung gebracht.

Bei über 50 Prozent der befragten Patient*innen betrug die Dauer bis zur Diagnose mehrere Jahre. Bei Patientin Saskia W. dauerte es ganze 24 Jahre. Ausgrenzung oder Ablehnung hätte sie nie erfahren, eher Unwissenheit über Rheuma: „Ich bin mit Offenheit immer gut zurechtgekommen und habe nie versucht, meine Krankheit zu verheimlichen“, beteuert sie.

Sie verstehe aber den Wunsch der befragten Betroffenen nach mehr Verständnis seitens des Arbeitgebers. Dem könne mit Information und Kooperation gut begegnet werden.

Sie empfiehlt zudem allen Patient*innen, möglichst aktiv im Leben und in Bewegung zu bleiben, auch wenn das mitunter anstrengend sei. Man könne zudem einiges zur Linderung der Schmerzen, ergänzend zur eigentlichen Therapie, nutzen.

Diese Behandlungen stellen jedoch für viele Betroffene eine erhebliche finanzielle Belastung dar, da sie von den Kassen nicht bezahlt werden. „Als Rheumakranker muss man sich doppelt anstrengen und investieren, um gut leben zu können“, bestätigt Wagner.

Mehr Kassen-Fachärzt*innen, eine finanzielle Abgeltung von sinnhaften ergänzenden Therapien aber auch arbeiterfreundliche Kuraufenthalte wären zum Beispiel wünschenswert.

Rheuma Bewegt: Beratung und Hilfe bei Rheuma notwendig

„Die Vertretung solcher wesentlichen Interessen unserer Patient*innen ist uns ebenso wichtig wie Aufklärung und Beratung“, betont Gertraud Schaffer, Präsidentin der Österreichischen Rheumaliga.

In der Pandemie sei die Österreichische Rheumaliga oftmals einzige Ansprechstelle und das rund-um-die-Uhr für Betroffene gewesen. „Wir haben einmal mehr bewiesen, ein bedeutender Partner des Gesundheitssystems zu sein.“

Allerdings wäre das Team mitunter an seine Grenzen gelangt: „Man darf nicht vergessen, dass wir alle selbst Betroffene und zumeist ältere Jahrgänge sind.“

Junger Nachwuchs ist kaum zu gewinnen. Umso erfreulicher sei es, dass mit „Jung und Rheuma“ eine engagierte Gruppe junger Rheumatiker*innen im Alter von 18–35 Jahren innerhalb der ÖRL entstanden ist, die immer mehr Zuwachs verzeichne.

Das ehrenamtliche Selbsthilfe-System sei in die Jahre gekommen. Auch das klassische Rheuma-Patient*innenbild verändere sich: Die jetzigen Generationen leben offener und aktiver.

Die Ansprache muss dadurch immer zielgruppenorientierter und schneller, auch über digitalisierte Kanäle erfolgen.

Kurzfristiges Ziel sei es daher, die ÖRL im Sinne einer modernen Patientenorganisation neu aufzustellen, die sich kompetent in noch engerer Kooperation mit der ÖGR als erste Ansprechpartnerin in Sachen Rheuma anbietet: gemeinsame Arbeitsgruppen mit Expert*innen, (jungen) Betroffenen und anderen Patientenorganisationen werden an aktuellen und künftigen Themen arbeiten, Lösungen entwickeln und diese auch umsetzen.

Dazu brauche es neben finanzieller vor allem die Unterstützung seitens der Politik und des Gesundheitswesens. „Wir wollen die Anerkennung unserer Leistung als Selbsthilfeorganisation und eine jährliche finanzielle Basis, um unabhängig agieren zu können“, fordert Schaffer.

„Wir leisten wertvolle, freiwillige und unbezahlte Arbeit für unser Gesundheitssystem, unser Staat erspart sich damit einiges. Diese ehrenamtliche Dienstleistung wird es in Zukunft in unserer Gesellschaft jedoch nicht mehr geben, wenn sich die Haltung zu uns auf politischer Ebene nicht ändert. Ich hoffe, unsere „Bewegung“ wird auch von den Verantwortlichen im Gesundheitswesen gesehen und mitgetragen.“

Quelle: Pressemappe der Österreichischen Rheumaliga und Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie

Mehr über Rheuma Plattformen und die Rheumaschule Tirol gibts auf meinem Blog:

Rheuma Arthritis und Arthrose: Plattformen für Betroffene

Hurra, die erste Rheumaschule ist da!

Hinweis: Die hier geteilten Informationen sollen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz beitragen, ersetzen aber in keinem Fall die ärztliche Diagnose, Beratung und Behandlung.

Fotos: Österreichische Rheumaliga/Diener_Martin Steiger

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