Zuletzt aktualisiert am 13. März 2025 von tirolturtle
Was hilft bei chronischen Schmerzen? Dazu liefert die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) Antworten. Denn jährlich finden im Jänner die Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft statt.
Im Rahmen der Österreichischen Schmerzwochen veröffentlicht der ÖSG-Vorstand (siehe Liste) regelmäßig Updates zur Schmerzbewältigung und der Vorbeugung von Schmerzen und informiert über die breite Palette von Themen, Neuerungen, Anliegen und Forderungen aus allen Bereichen der Schmerzmedizin.
Zum Vorstand der Österreichischen Schmerzgesellschaft zählen folgende Experten und Expertinnen:
- Präsident A.o. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner Medizinische Universität Innsbruck, Universitätsklinik für Neurochirurgie
- Vizepräsident Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, MBA, MMSc, Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin, Medizinische Universität Wien
- Past-Präsidentin OÄ Dr. Waltraud Stromer Landesklinikum Horn, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin
- Generalsekretär Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, Abt. für Anästhesie und Intensivmedizin
- Sekretär Prim. Mag. Dr. Gregor Kienbacher, MSc Theresienhof – Klinikum für Orthopädie und orthopädische Rehabilitation
- Kassier Prim. Priv.-Doz. Dr. Nenad Mitrovic Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck Abt. Neurologie
- EFIC-Councillor OA Dr. Wolfgang Jaksch, DEAA Klinik Ottakring, Abt. Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin
Was hilft bei chronischen Schmerzen?
Wie kann man chronischen Schmerzen wirksam vorbeugen? Dazu bietet die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) Informationsmaterialien (Broschüren, Podcast, Videos) für Patienten und Angehörige über aktuelle Möglichkeiten der Schmerzmedizin an.
- Patientenratgeber mit dem Titel „Schmerzen vorbeugen – Schmerzen behandeln“
- Broschüre zum Thema „Schmerzen & Bewegungsapparat verstehen“
- Broschüre für mehr Bewegung im Alltag
- Online-Kurs „Schmerzen verstehen“ für Patienten und Angehörige gemeinsam mit SELPERS
- Informationen zur „Medikamentösen Schmerztherapie“ (Nicht-Opioide, Opioide, Analgetica) und invasive Verfahren in der Schmerztherapie
- Übersicht über die Schmerzeinrichtungen und Schmerzambulanzen in allen Bundesländern
- Veranstaltung für Schmerzpatienten: Schmerztag in Wien
- Meilenstein in der Schmerztherapie: Spezialisierte Versorgung als Kassenleistung in Wien
1,8 Millionen in Österreich von chronischen Schmerzen betroffen
Bis zu 1,8 Millionen Menschen sind in Österreich von chronischen Schmerzen betroffen. Bei 350.000 haben sich die Schmerzen zu einer eigenständigen schweren Erkrankung mit massiver Chronifizierung entwickelt. Das müsste laut Schmerzgesellschaft vielfach nicht so sein.
Oft ließen sich Schmerzen zum Beispiel durch einen aktiveren Lebensstil vermeiden. Auch gibt es Möglichkeiten der medikamentösen Prophylaxe. Sehr häufig seien chronische Schmerzen die Folge von ungenügend behandelten Akutschmerzen.
Für Betroffene ist eine spezialisierte ärztliche Schmerzversorgung dringend notwendig. Lange Wartezeiten in der Schmerzversorgung würden nachweislich den Gesundheitszustand von Menschen mit chronischen Beschwerden weiter verschlechtern:
„Die Schmerzen intensiveren sich, gleichzeitig verschlechtert sich die Lebensqualität bis hin zur Depression.“
Die International Association for the Study of Pain (IASP) – Internationale Gesellschaft zur Erforschung des Schmerzes – empfiehlt daher eine möglichst rasche Behandlung aller Schmerzen:
- Akute Schmerzen müssen sofort behandelt werden.
- Schwere Schmerzzustände mit dem Risiko der Verschlechterung und Chronifizierung sollten innerhalb einer Woche versorgt werden. Das gilt etwa für Schmerzen bei Kindern, beim Complex Regional Pain Syndrome (CRPS) oder bei krebsbedingten oder terminalen Schmerzen.
- Eine Empfehlung für die Behandlung innerhalb eines Monats gibt es für schwere unterdiagnostizierte oder fortschreitende Schmerzen mit dem Risiko von funktionalen Einschränkungen – etwa bei Rückenschmerzen oder fortdauernden Schmerzen nach Operationen oder Traumata.
- Spätestens innerhalb von acht Wochen sollten langfristig anhaltende Schmerzen ohne signifikante Schmerzsteigerung versorgt werden.
Wie in vielen anderen Ländern seien aber leider auch in Österreich die Wartezeiten viel zu lang: Schmerzpatienten müssten im Schnitt eine bis zu zweijährige Odyssee auf sich nehmen, bis sie zu einer aussagekräftigen Diagnose kommen – fast jeder Fünfte bekommt überhaupt keine.

Im Bild v.l.n.r.: Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar (Generalsekretär der ÖSG), OÄ Dr.in Waltraud Stromer (Past-Präsidentin der ÖSG), Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner (Präsident der ÖSG), Ao.Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna (Vizepräsident der ÖSG)
Chronische Schmerzen: Österreich benötigt klare Versorgungsstufen
Der Hauptgrund dafür: Die bestehende Versorgungsstruktur könne nicht für alle Betroffenen eine rasch einsetzende und auf die individuellen Bedürfnisse angepasste Schmerztherapie garantieren.
Die Lösung liegt deshalb laut Österreichischer Schmerzgesellschaft in einer abgestuften Versorgung. Nicht jeder Schmerzpatient benötige die höchste Versorgungsstufe.
- Die erste Stufe der Versorgungsebene ist der niedergelassene Bereich: Manche Patientinnen und Patienten mit Schmerzen sind bei einer Hausärztin oder einem Hausarzt gut aufgehoben. Hier erfolgt die primäre schmerzmedizinische Versorgung. Doch insbesondere auf dem Land wirkt sich auch hier der Ärztemangel negativ aus.
- Die zweite Versorgungsstufe übernehmen die Schmerzambulanzen und -ambulatorien. Allerdings gibt es in ganz Österreich nur 48 Schmerzambulanzen, die zudem regional sehr ungleich verteilt sind. Die wenigsten können einen Vollbetrieb leisten, meist aufgrund fehlender personeller und zeitlicher Ressourcen. Im Durchschnitt liegen die Ambulanz-Öffnungszeiten bei nur 18 Stunden pro Woche. Deshalb gibt es oft wochenlange Wartezeiten auf einen Behandlungstermin.
- Für die langfristige Behandlung sollten in der dritten Versorgungsebene spezielle, interdisziplinäre Schmerzzentren zuständig sein. Dieses Angebot ist allerdings noch immer viel zu klein, auch wenn nun erfreulicherweise neben dem Zentrum Klagenfurt, das lange Zeit das einzige derartige Zentrum in Österreich war, mit einem Schmerzzentrum der WGKK in Wien eine weitere spezialisierte und multimodal tätige Einrichtung zur Verfügung steht. Das Ziel muss sein, in jedem Bundesland zumindest ein Schmerzzentrum zu haben.
Was hilft bei chronischen Schmerzen? Recht auf Zweitmeinung
Anlässlich der Schmerzwochen 2025 verwies die Schmerzgesellschaft (ÖSG) auf erhebliche soziale und regionale Ungerechtigkeiten hin: Einkommensschwache, vulnerable Gruppen sowie Menschen in ländlichen Gebieten sind besonders benachteiligt und haben eingeschränkten Zugang zu spezialisierter Schmerztherapie.
Experten wie Prof. Richard Crevenna betonen, dass soziale Faktoren wie Armut, geringer Bildungsstand und niedriger sozialer Status das Risiko für chronische Schmerzen erhöhen und gleichzeitig den Zugang zur Behandlung erschweren. Es wird dringend zu umfassenden Aufklärungskampagnen aufgerufen, um Bewusstsein und Zugangschancen zu verbessern.
Aus Sicht der Patienten ist besonders relevant, dass derzeit die Möglichkeit, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen, nicht von den Krankenkassen übernommen wird.
ÖSG-Präsident Prof. Wilhelm Eisner, fordert daher ein Recht auf Zweitmeinung für Patienten, um unnötige Operationen und deren Belastungen zu reduzieren und Patientensicherheit zu gewährleisten. Eine fundierte Diagnosestellung könnte bis zu 50 % der Operationen überflüssig machen und Kosten sparen.
Die Schmerzversorgung leidet derzeit unter deutlichen strukturellen Mängeln: Nur sieben Schmerzambulanzen sind vollzeitbetrieben, was weniger als die Hälfte des notwendigen Bedarfs darstellt.
Gleichzeitig sind Medikamente zur Linderung starker Schmerzen, insbesondere Opioide, von Lieferengpässen betroffen. Dr. Waltraud Stromer fordert deshalb politische Maßnahmen, um die Medikamentenversorgung langfristig sicherzustellen und Unsicherheiten bei Patienten durch evidenzbasierte Aufklärung zu beseitigen.
Die ÖSG plädiert zudem für mindestens ein interdisziplinäres Schmerzzentrum pro Bundesland, um regionale Versorgungslücken zu schließen und die Qualität der Schmerzmedizin zu verbessern.
Was hilft bei chronischen Schmerzen? Deutlich bessere Versorgung
Aktuell sieht die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) eine historische Chance für eine deutlich verbesserte Versorgung von Schmerzpatienten in Österreich.
Schmerzmedizin wurde nun erstmals im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) verankert. Damit sei der Weg frei für eine umfassendere und nachhaltigere Behandlung von Schmerzpatienten im ganzen Land.
Wichtig ist nun laut ÖSG, dass jedes Bundesland diese neue Regelung in die regionalen Gesundheitspläne übernimmt, damit Patienten überall gleich guten Zugang zu spezialisierter Schmerztherapie erhalten. Schmerzpatienten sollen dadurch schneller und wohnortnah behandelt werden können, wodurch unnötige oder falsche Behandlungen vermieden werden. Zudem kann eine frühzeitige und ganzheitliche Schmerzbehandlung verhindern, dass Schmerzen chronisch werden.
Quelle: Presseaussendungen der Österreichischen Schmerzgesellschaft
Hinweis: Die hier geteilten Informationen sollen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz beitragen, ersetzen aber in keinem Fall die ärztliche Diagnose, Beratung und Behandlung.
Fotos: Shutterstock und ÖSG/Ludwig Schedl
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