Rhizarthrose

Prothese oder Plastik – was ist die bessere Wahl bei Rhizarthrose?

Rhizarthrose: Prothese oder Trapeziektomie? Zwei OP-Methoden, viele Fragen. Studien und Erfahrungen zeigen, worauf es bei der Wahl wirklich ankommt.

Viele Betroffene mit Daumensattelgelenksarthrose stehen irgendwann vor der gleichen Frage:
Ist eine Prothese die bessere Lösung – oder doch die bewährte „Plastik“, also eine Resektionsarthroplastik, bei der ein kleiner Knochen entfernt wird?

Die Entscheidung ist oft mit Unsicherheit verbunden. Fachbegriffe, unterschiedliche Meinungen und persönliche Erfahrungswerte machen es nicht leichter. Doch inzwischen liegen aussagekräftige Studien und viel praktische Erfahrung vor – und sie helfen, Klarheit zu schaffen.

Wenn konservative Therapien ausgeschöpft sind, stehen zwei bewährte OP-Methoden zur Wahl:

  • die Resektionsarthroplastik (auch „Trapeziektomie“ oder „Plastik“ genannt)

  • und die Daumensattelgelenksprothese

Aber welche passt besser zu wem? Was berichtet die Ärzteschaft, was zeigen die Zahlen – und wie sieht es in Österreich aus?

Was passiert bei einer Trapeziektomie?

Bei der sogenannten Resektionsarthroplastik wird ein kleiner Handwurzelknochen – das Os trapezium – entfernt. Damit entfällt der schmerzhafte Kontakt im Daumensattelgelenk. Anschließend wird das Gelenk mit verschiedenen Techniken stabilisiert, meist durch eine Aufhängung oder ein Sehnentransplantat. Ziel ist es, die Beweglichkeit zu erhalten und Schmerzen zu lindern, ohne ein Implantat einzusetzen.

Viele stoßen dabei auf eine Reihe von Fachbegriffen, die auf den ersten Blick verwirrend wirken.

  • Trapeziektomie solo: Nur Entfernung des betroffenen Knochens
  • LRTI-Technik: Eine Sehne wird zur Stabilisierung umfunktioniert
  • Techniken „nach Epping“, „nach Burton-Pellegrini“ usw.: Benannt nach den Operateuren, unterscheiden sie sich in der Art der Sehnenverwendung und Aufhängung
  • TightRope® oder Ankertechnik: Stabilisierung mit modernen Faden- oder Drahtsystemen

Welche Methode gewählt wird, hängt von der Anatomie, der Knochensubstanz und der Erfahrung der Chirurgin oder des Chirurgen ab.

Diese Verfahren sind seit Jahrzehnten bewährt, kommen ohne Implantat aus und bieten eine solide Schmerzreduktion – allerdings ist die Heilungsphase meist deutlich länger, und die Kraft bleibt gegenüber der Prothese oft etwas vermindert.

Und was ist dann die Alternative zur „Plastik“?

Wer sich nicht für eine Resektionsarthroplastik entscheidet – sei es aus funktionellen Gründen oder weil ein möglichst anatomischer Gelenkersatz gewünscht ist – für den kann eine Daumensattelgelenksprothese infrage kommen. Moderne Systeme wie die TOUCH®-Prothese zielen darauf ab, die natürliche Beweglichkeit zu erhalten, Schmerzen deutlich zu reduzieren und die Handkraft zu verbessern.

Die TOUCH® ist eine moderne Prothese für das Trapeziometakarpalgelenk. Sie wurde vom Schweizer Unternehmen KeriMedical entwickelt und ist seit 2017 im Einsatz. Der Gelenkersatz besteht aus einem modularen System mit Kugelgelenk-Mechanismus („Dual Mobility“), das für Stabilität und Beweglichkeit sorgt.

Was verspricht eine moderne Prothese wie die TOUCH® konkret?

Ziel ist es, Schmerzen zu lindern, die Handkraft zu stärken und die Beweglichkeit möglichst zu erhalten. Studien und Erfahrungsberichte zeigen:

• Schmerzen lassen deutlich nach
• Die Handkraft kann sich fast verdoppeln
• Die Beweglichkeit kommt dem natürlichen Zustand sehr nahe
• Viele sind nach rund sechs Wochen wieder alltagsfit
• Über 90 % würden sich erneut für die Prothese entscheiden

Wie läuft die Operation ab?
Die Implantation der TOUCH®-Prothese dauert etwa 60 bis 90 Minuten und kann in Regional- oder Vollnarkose durchgeführt werden. Die Hand wird für etwa ein bis zwei Wochen ruhiggestellt, danach beginnt bereits die frühfunktionelle Physiotherapie. Viele Betroffene berichten, dass sie nach rund sechs Wochen wieder gut in den Alltag zurückfinden.

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Gibt es Risiken?
Wie bei jeder Operation kann es in seltenen Fällen zu Komplikationen kommen etwa zu einer vorübergehenden Sehnenscheidenreizung (z. B. De-Quervain-Syndrom), Bewegungseinschränkungen oder im Ausnahmefall zu einer Lockerung der Prothese. Eine ausführliche ärztliche Beratung vor dem Eingriff ist daher wichtig.

Prothese oder Plastik: Was sagen aktuelle Studien?

Die bisher größte randomisierte Vergleichsstudie (Bonhof et al., 2024) vergleicht Prothese und Trapeziektomie über 5 Jahre. Veröffentlicht wurde sie im Journal of Hand Surgery (European Volume):

Zur Studie im Journal of Hand Surgery
Bonhofs LinkedIn-Post mit Einblicken zur Studie

Zentrale Ergebnisse:

  • Kein Unterschied im funktionellen Ergebnis (MHQ)
  • ABER: Prothesen-Patienten zeigten:
    • Bessere Greifkraft (key pinch)
    • Höhere Zufriedenheit
    • Weniger MCP-Hyperextension
    • Größere Bereitschaft zur Re-Operation an der Gegenseite

Wann ist welche Methode sinnvoll?

Prothese (TOUCH®) bei:

  • Beruflich beanspruchten Händen
  • Wunsch nach schneller Regeneration
  • Gutem Knochenlager
  • Funktionellem Anspruch

Plastik (Trapeziektomie) bei:

  • Schlechter Knochenqualität (z. B. Osteoporose)
  • Ablehnung von Implantaten
  • Geringerer Belastung im Alltag
  • Medizinischen Kontraindikationen für Prothesen

Hörenswert: Dr. med. Stephan Schindele zur Prothese bei Rhizarthrose

Dr. med. Stephan Schindele ist Handchirurg an der renommierten Schulthess Klinik Zürich und stellvertretender Chefarzt der rekonstruktiven Hand- und Ellbogenchirurgie.

Im Arthrose Podcast „Willkommen im Rhiz“ spricht Barbara Egger-Spiess, Herausgeberin des Arthrose Magazins „Tirolturtle“ mit Dr. Stephan Schindele über Rhizarthrose, OP-Entscheidungen und aktuelle Entwicklungen.

Was sagt Dr. Schindele zur Prothese?

  • Moderne Implantate wie die TOUCH®-Prothese seien besonders für jüngere, funktionell aktive Patienten geeignet.

  • Die Ergebnisse bei Schmerz, Kraft und Beweglichkeit seien sehr gut – vorausgesetzt, die Indikation passt und die Operation erfolgt erfahren.

  • Gleichzeitig hebt er hervor: Die klassische Trapeziektomie ist nach wie vor eine sinnvolle Alternative, z. B. bei Osteoporose oder niedrigeren funktionellen Anforderungen.

Prothese im Alltag – Erfahrungen aus der Praxis

In mehreren europäischen Ländern gehört die TOUCH®-Prothese bereits zur gängigen Versorgung – mit erfreulichen Rückmeldungen aus der Praxis.

Deutschland – Krefeld:
In der MANUS Klinik wurden bereits über 100 TOUCH®-Prothesen eingesetzt. Dr. Michael Fendler und sein Team berichten von hoher Patientenzufriedenheit und einer schnellen Rückkehr in den Alltag – auch bei aktiven Berufstätigen.

Schottland – NHS Lanarkshire:
Ein besonders eindrückliches Beispiel kommt aus Schottland: Eine Patientin, die sich nicht einmal mehr selbst die Zahnpasta öffnen konnte, erhielt als erste im NHS Lanarkshire eine TOUCH®-Prothese. Heute spricht sie von einem „neuen Leben“ – schmerzfrei, selbstständig, mit neuer Kraft im Daumen.

Internationale Expertise: Schweiz & München

Schweiz – Schulthess Klinik Zürich:

Dr. med. Daniel Herren, Chefarzt der Handchirurgie, zählt zu den erfahrensten Prothesen-Chirurgen Europas. An der renommierten Schulthess Klinik in Zürich hat er bereits über 400 TOUCH®-Implantationen durchgeführt.

In einem Fachvideo erklärt er, worauf es bei der OP ankommt, wie die Schulung von Operateuren abläuft – und warum die Erfolgsraten so hoch sind. Zum Video mit Dr. Herren

Deutschland – OCM München:

Auch Prof. Dr. Martin Jung, Handspezialist an der OCM München, zählt zu den erfahrensten Anwendern dieser Methode in Deutschland.
Er hat bereits über 120 Prothesen implantiert und ist überzeugt:

„Mit einer Daumensattelgelenkprothese wird die Hand schneller wieder fit und schmerzfrei – auch die Kraft ist deutlich besser.“

Die OCM fungiert außerdem als Hospitationsklinik für Ärzte, die diese Technik erlernen möchten.

Wie ist die Situation in Österreich?

Im Vergleich zu Frankreich oder Deutschland ist der Einsatz von Prothesen in Österreich noch zurückhaltend. Gründe:

  • Technisch anspruchsvoll
  • Wenig Routine außerhalb von Zentren
  • Kostenübernahme durch Kassen oft unklar

Ein positives Beispiel ist das Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf: Unter OA Mario Sackl werden TOUCH®-ähnliche Prothesen minimalinvasiv eingesetzt. Die OP dauert rund eine Stunde. Sackl berichtet von hoher Stabilität und sehr schneller Schmerzreduktion.

Studienlage aus Österreich: JATROS-Artikel Krems

In einem Beitrag der JATROS Orthopädie & Traumatologie, Rheumatologie (3/2022) berichten Dr. Michael Schütz, Dr. Martin Zegner und Dr. Daniel Dammerer (UK Krems) über ihre Erfahrungen:

  • Über 95 % 2-Jahres-Implantatüberlebensrate mit TOUCH®
  • Deutliche Schmerzlinderung und Beweglichkeitsverbesserung
  • Hohe Patientenzufriedenheit auch bei beruflich aktiven Personen

Belgien: Ausbildungszentrum für moderne Daumenprothesen

Auch Belgien gilt als Vorreiter bei der Weiterentwicklung der Daumensattelgelenksprothese.

Kürzlich absolvierten ein Dutzend US-amerikanischer Handchirurgen ihre Ausbildung unter der Leitung von Dr. Frederik Verstreken in belgischen Zentren wie dem AZ Monica in Antwerpen und dem Ziekenhuis Oost-Limburg (ZOL) in Genk.

Das unterstreicht die internationale Bedeutung der belgischen Kliniken – nicht nur als Anwender, sondern auch als Ausbildner in diesem Spezialgebiet.

Während früher fast ausschließlich Knochen entfernt oder Gelenke ruhiggestellt wurden, vollzieht sich auch in Belgien ein klarer Wandel hin zu modernen Prothesenlösungen – insbesondere für ältere, aktive Patienten.

Mehr dazu im Journal du Médecin (französisch)

Entscheidung mit Erfahrung treffen

Beide Verfahren haben ihre Berechtigung. Die Prothese bietet mehr Kraft und schnellere Rückkehr in den Alltag, erfordert aber chirurgische Erfahrung und gute Voraussetzungen. Die Resektionsarthroplastik bleibt ein verlässlicher Standard mit langjähriger Erfahrung.

Welche OP am besten passt, hängt vom Einzelfall ab – und sollte immer gemeinsam mit einer erfahrenen Handchirurgin oder einem Handchirurgen entschieden werden.

Mehr Infos zur TOUCH®-Prothese und Studien: www.kerimedical.com

Lese-Tipp: Rhizarthrose konservativ behandeln

Podcast anhören: Rhizarthrose und Handarthrose konservativ und operativ behandeln mit Handchirurg Dr. med. Stephan Schindele

Hinweis: Dieser Artikel wurde redaktionell recherchiert und dient der gesundheitlichen Aufklärung. Er ersetzt keine ärztliche Diagnose oder Beratung.

Bild: KI-generiert mit Unterstützung von ChatGPT / Redaktion tirolturtle.at

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