Arthrose Medikamente
Arthrose

Neue Medikamente gegen Arthrose: klassische Schmerzmittel und Hoffnungsträger

Neue Medikamente gegen Arthrose: Ein Überblick über klassische und bewährte Schmerzmittel bei Arthrose und vielversprechende Hoffnungsträger.

Arthrose ist eine der häufigsten Gelenkerkrankungen weltweit und stellt Betroffene und Behandler vor große Herausforderungen. Die Suche nach wirksamen und sicheren Behandlungsoptionen bleibt daher eine zentrale Aufgabe in der Medizin und Forschung.

In diesem Beitrag gibt es einen Überblick über aktuelle und bewährte Schmerzmedikamente. Dazu eine Übersicht über neue Arthrose Medikamente und den Stand der Forschung. um einen Einblick in die Fortschritte und Perspektiven in der Behandlung von Arthrose zu bieten.

Klassische Medikamente bei Arthrose

Schmerzmittel (Analgetika)

  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen werden häufig zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung eingesetzt. Allerdings sind sie bei langfristiger Anwendung mit Risiken wie Magen-Darm-Beschwerden oder Herz-Kreislauf-Komplikationen verbunden.
  • Lange Zeit galt Paracetamol als Standardmedikament bei Arthrose. Neuere Studien haben jedoch gezeigt, dass die Wirksamkeit begrenzt ist und bei langfristiger Einnahme Risiken für Niere, Herz und Magen bestehen können.
  • In neuen Leitlinien, z. B. zur Gonarthrose, werden Chondroitin und Homöopathika nicht mehr empfohlen, da ihre Wirksamkeit als nicht ausreichend belegt gilt (Deutsche Apotheker Zeitung).

Neue Medikamente in der Entwicklung

    • Peptinov hat ein neuartiges Medikament entwickelt, das entzündliche Prozesse bei Arthrose gezielt bekämpfen soll. Es zielt auf das Zytokin IL-6 ab, dessen Überproduktion mit Osteoarthritis und chronischen Entzündungskrankheiten in Verbindung gebracht wird. Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse – diese positiven Ergebnisse der Phase-1-Studie von Peptinov wurden auf der EULAR 2024, der weltweit führenden Veranstaltung für klinische Forschung in der Rheumatologie, vor 5.000 Teilnehmern präsentiert.
    • Levicept hat mit LEVI-04 ein neues Medikament entwickelt. Dabei handelt es sich um ein injizierbares Medikament, das monatlich verabreicht wird. In klinischen Phase-IIb-Studien zeigte LEVI-04 signifikante Verbesserungen bei Schmerzen und Symptomen bei über 500 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Kniearthrose. Levicept plant derzeit internationale Phase-III-Studien, welche als entscheidender Schritt für eine mögliche Zulassung und Markteinführung gelten und sieht großes Potenzial in der Behandlung von Arthrose ohne den Einsatz von Opioiden.
    • Resiniferatoxin (RTX) ist eine intraartikuläre Injektion von Grünenthal, die zur Behandlung von Schmerzen bei Patienten mit mäßigen bis starken Schmerzen im Zusammenhang mit Kniearthrose entwickelt wird. Dies kann zu einer lang anhaltenden Schmerzlinderung führen. Erste Daten zeigen eine lang anhaltende und signifikante schmerzlindernde Wirkung und funktionelle Verbesserungen im Vergleich zu Placebo sowie ein günstiges Sicherheitsprofil.
    • 4P004, entwickelt von 4Moving Biotech, zählt zu den sogenannten Disease-Modifying Osteoarthritis Drugs (DMOADs). Kürzlich erhielt das Unternehmen im Rahmen des Innovationsprogramms „Frankreich 2030“ eine Förderung von 7,6 Millionen Euro, um die klinische Entwicklung von 4P004 zu beschleunigen. Der Mechanismus dahinter: Ein GLP-1-Analogon mit entzündungshemmender, schmerzlindernder, antikataboler und anaboler Wirkung. Es basiert auf der Neupositionierung eines Moleküls, Liraglutid, das seit 2009 zur Behandlung von Diabetes und Fettleibigkeit zugelassen ist. Aktuell befindet sich 4P004 in einer klinischen Phase-2a-Studie „INFLAM MOTION“ (mit 130 Patienten in Europa und Kanada) und könnte bereits bis 2030 als neuartige Therapie zur wirksamen Behandlung und möglicherweise sogar zur Verlangsamung der Kniearthrose verfügbar sein.
    • GLP-1-Analoga (4Moving Biotech – präklinische Forschung)
      Ein weiterer innovativer Ansatz kommt von 4Moving Biotech, vorgestellt durch Prof. Francis Berenbaum. Dabei handelt es sich um sogenannte GLP-1-Analoga, die direkt ins Gelenk (intraartikulär) injiziert werden. Präklinische Studien zeigen, dass diese Moleküle potenziell den Knorpel schützen und somit den Krankheitsverlauf der Arthrose beeinflussen könnten. Ihre Wirkung beruht darauf, dass sowohl die Knorpel- als auch die Gelenkinnenhaut-Zellen Rezeptoren für GLP-1 besitzen und das Medikament direkt lokal wirkt. Sollten sich diese Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, könnte dieser Ansatz eine bedeutende Weiterentwicklung in der Therapie von Arthrose darstellen und möglicherweise die erste echte krankheitsmodifizierende Behandlung bieten.

  • LRX712 (Entwicklung eingestellt)
    Der Pharmakonzern Novartis hat kürzlich die Entwicklung seines Arthrose-Wirkstoffs LRX712 eingestellt. Obwohl das Medikament in einer klinischen Phase-2-Studie bei Patienten mit Kniearthrose eine gute Sicherheit und Verträglichkeit zeigte, konnte kein signifikanter Effekt auf die Regeneration oder Verbesserung des Knorpels nachgewiesen werden. LRX712 zielte ursprünglich darauf ab, durch Förderung des Knorpelaufbaus die Symptome der Arthrose langfristig zu lindern.
    Das Scheitern dieses vielversprechenden Wirkstoffkandidaten unterstreicht, wie anspruchsvoll die Entwicklung neuer Arthrosemedikamente ist: Nicht nur Sicherheit, sondern vor allem eine nachweisbare therapeutische Wirksamkeit ist entscheidend. Dieses Ereignis verstärkt gleichzeitig den Trend in der Arthroseforschung hin zu präziseren, biomarkerbasierten Ansätzen und einer umfassenderen Betrachtung des Gelenks, einschließlich Faktoren wie Entzündungen und Ödemen. Moderne Technologien zur frühzeitigen Wirksamkeitsbewertung könnten zukünftig dabei helfen, erfolgversprechendere Wirkstoffe schneller und zuverlässiger zu identifizieren.
  • Resiniferatoxin RTX (Entwicklung eingestellt)
    Das Unternehmen Grünenthal hat kürzlich bekannt gegeben, dass die Entwicklung ihres vielversprechenden Medikaments Resiniferatoxin (RTX) zur Behandlung von Arthroseschmerzen eingestellt wurde. Obwohl RTX zuvor vielversprechende Ergebnisse gezeigt hatte und von der FDA sogar die Einstufung als „Breakthrough Therapy“ erhalten hatte, reichten die Ergebnisse der Phase-III-Studien leider nicht für eine Zulassung aus.
    Grünenthal betont jedoch, dass die Arthrose-Schmerztherapie weiterhin im Fokus ihrer Forschungsaktivitäten steht und derzeit weitere neue Wirkstoffe in frühen klinischen Phasen untersucht werden. Die Einstellung von RTX zeigt erneut, wie herausfordernd die Entwicklung wirksamer Arthrosemedikamente ist und unterstreicht gleichzeitig die Notwendigkeit weiterer intensiver Forschung auf diesem Gebiet.

Forschung und Zukunftsperspektiven

Die Forschung konzentriert sich zunehmend auf sogenannte „disease-modifying osteoarthritis drugs“ (DMOADs), also Medikamente, die nicht nur Symptome lindern, sondern den Krankheitsverlauf beeinflussen können.

Der Ansatz, Arthrose nicht nur symptomatisch, sondern kausal zu beeinflussen, gilt derzeit als einer der größten Trends in der Forschung. Der JointAction Podcast von Prof. David Hunter zeigt dazu den wissenschaftlichen Diskurs rund um Arthrose und DMOADs auf, insbesondere die Herausforderungen in der klinischen Praxis. Siehe die Podcastfolge „The journey of a disease-modifying osteoarthritis drug… “ mit Chris Knight and Dr Sandeep Basnet, MD from Formation Bio.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung nicht-süchtig machender Schmerzmittel, die eine langfristige und sichere Behandlung ermöglichen. Beispiele wie LEVI-04 zeigen, dass Fortschritte in der Biotechnologie vielversprechende Alternativen bieten.

Auch die Nationale Vereniging ReumaZorg Nederland berichet darüber, dass Unternehmen und Forschungseinrichtungen intensiv auf der Suche nach neuen Medikamenten sind. Professor für Pharmazie Bart Van Den Bemt gibt in ReumaMagazine ein Update.
Das unterstreicht, dass mehrere vielversprechende neue Wirkstoffe (wie eben LEVI-04 und Peptinov) im europäischen Raum gerade im Fokus stehen.

Sicherer Umgang mit Schmerzmitteln bei Arthrose

Eine nützliche und verlässliche Informationsquelle rund um Medikamente ist #DerApotheker. Hinter dem Pseudonym steht ein erfahrener Pharmazeut, der seit über zehn Jahren in einer öffentlichen Apotheke tätig ist. Über seinen Infoletter und Blog informiert er gezielt über Arzneimittel mit nachgewiesener Wirksamkeit und warnt gleichzeitig vor Präparaten, die keine gesicherte Wirkung zeigen.

Ziel ist, Patienten und Fachleute dabei zu unterstützen, in Apotheken nur noch Mittel anzubieten, deren Nutzen wissenschaftlich belegt ist.
Empfehlenswert für Betroffene von Arthrose ist seine detaillierte Artikelserie zu Ibuprofen. Darin erläutert er die korrekte Anwendung, chemische Grundlagen und gibt praktische Hinweise zum sicheren Umgang mit diesem gängigen Schmerzmittel.

Trotz Einnahme von Opioiden nimmt Schmerz zu

Ein weiteres wichtiges Thema, das zunehmend in den Fokus rückt, ist die sogenannte Opioid-induzierte Hyperalgesie bei Arthrose. Diese paradoxe Schmerzzunahme entsteht durch eine längerfristige Einnahme von Opioiden und stellt ein ernsthaftes Problem dar.

Patienten erleben dabei paradoxerweise eine Zunahme der Schmerzempfindlichkeit, wodurch die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt wird. Aktuelle Diskussionen und Studien betonen daher dringend die Notwendigkeit, wirksame, nicht-opioide Alternativen zu entwickeln.

Austausch unter Betroffenen

In unserer digitalen Selbsthilfegruppe diskutieren Betroffene häufig über ihre Erfahrungen mit Schmerzmitteln. Es ist verständlich, dass Patienten einander unterstützen und Erfahrungen austauschen möchten, jedoch zeigen Beispiele aus diesen Diskussionen, wie schwierig und problematisch persönliche Medikamentenempfehlungen sein können.

Eine individuelle Therapie kann nicht einfach von einer Person auf eine andere übertragen werden, und was bei einer Person hilfreich ist, kann bei einer anderen sogar Schaden anrichten.

Deshalb greifen wir in unserer Gruppe auch regelmäßig ein und weisen eindringlich darauf hin, dass die Einnahme von Schmerzmitteln individuell und stets in Rücksprache mit einem Arzt oder Apotheker erfolgen muss. Grundsätzlich gilt:

  • Schmerzmittel können, besonders wenn sie falsch dosiert oder dauerhaft eingenommen werden, ernsthafte gesundheitliche Schäden verursachen.
  • Zugleich ist ein sorgfältiges Schmerzmanagement essenziell, um die Lebensqualität zu erhalten und chronische Schmerzen wirksam zu kontrollieren.

Weiterführende Informationen und hilfreiche Empfehlungen findest du auch im Beitrag der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG): Was hilft bei chronischen Schmerzen?

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Österreichische Schmerzgesellschaft fordern neue Ansätze

Viele Menschen leiden unnötig unter Schmerzen, da diese oft nicht richtig erkannt oder behandelt werden. Besonders chronische Schmerzen, die länger als drei Monate andauern, können die Lebensqualität stark einschränken und zu psychischen Belastungen führen.

Die Österreichische Schmerzgesellschaft macht darauf aufmerksam, dass Schmerzen nicht einfach hingenommen werden sollten. Es sei wichtig, frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um chronische Verläufe zu vermeiden. Zudem plädieren Experten für einen ganzheitlichen Behandlungsansatz, bei dem nicht nur Medikamente, sondern auch Bewegungstherapien, psychologische Unterstützung und Entspannungstechniken zum Einsatz kommen.

Ein zentrales Problem sei nach wie vor, dass Schmerzen von Patientinnen und Patienten, aber auch vom medizinischen Personal unterschätzt werden. Daher fordert die Schmerzgesellschaft mehr Bewusstsein in der Bevölkerung sowie bessere Aus- und Weiterbildung für Ärztinnen und Ärzte, um Schmerzen rechtzeitig und effektiv zu behandeln.

Patientinnen und Patienten sollten Schmerzen offen ansprechen und gemeinsam mit ihren Ärztinnen und Ärzten einen individuell abgestimmten Therapieplan entwickeln. Denn nur so könne langfristig eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden.

Arthrose-Forschung: Synovialentzündung als Schlüssel

Ein Artikel von Prof. Francis Berenbaum, Chief Medical Officer von 4Moving Biotech, unterstreicht die wichtige Rolle der Synovialentzündung (Synovitis) bei der Progression der Osteoarthritis. Er schlägt vor, die kontrastmittelverstärkte Magnetresonanztomographie (CE-MRT) künftig verstärkt als Surrogat-Endpunkt in klinischen Studien für DMOADs (Disease-modifying Osteoarthritis Drugs) einzusetzen. Durch diesen innovativen Ansatz könnten neue Therapien schneller und gezielter entwickelt und den Patienten zugänglich gemacht werden. Die gezielte Behandlung der Synovitis könnte somit entscheidend zur Verbesserung der Arthrose-Therapie beitragen

Aktuelle Fortschritte zu LEVI-04 von Levicept

Kürzlich präsentierte Levicept auf dem Weltkongress für Osteoarthritis (OARSI2025) beeindruckende Phase-II-Daten für das Medikament LEVI-04. In einer multizentrischen, randomisierten, placebokontrollierten Studie mit 518 Teilnehmern zeigte LEVI-04 signifikante Verbesserungen der Schmerzen und der Funktion bei Kniearthrose.

LEVI-04 wirkt als Neurotrophin-3-Inhibitor, der Schmerzen lindert und die Neurotrophinspiegel reguliert, ohne schädliche Effekte auf die Gelenkstruktur zu zeigen. Diese Ergebnisse, vorgestellt von führenden Experten wie Prof. Philip Conaghan und Prof. Ali Guermazi, unterstreichen das Potenzial von LEVI-04 als sichere, wirksame und nicht süchtig machende Alternative zur herkömmlichen Schmerztherapie bei Arthrose

Fazit: Die Behandlung von Arthrose ist ein Bereich, der sich erfreulicherweise kontinuierlich weiterentwickelt. Während klassische Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol weiterhin eine Rolle spielen, gibt es zunehmend innovative Ansätze, die auf eine langfristige Verbesserung der Lebensqualität abzielen.

Medikamente wie LEVI-04 und Entwicklungen von Unternehmen wie Peptinov, könnten zukünftig eine entscheidende Rolle spielen. Der Weg hin zu DMOADs verspricht nicht nur eine Linderung der Symptome, sondern auch eine Verlangsamung oder gar Umkehrung des Krankheitsverlaufs.

Hinweis: Die hier geteilten Informationen sollen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz beitragen, ersetzen aber in keinem Fall die ärztliche Diagnose, Beratung und Behandlung.

Foto: Canva

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