Umstellungsosteotomie bei Kniearthrose
Expertenwissen

Kniearthrose in jungen Jahren? Eine Umstellungsosteotomie kann helfen!

Kniearthrose in jungen Jahren? Eine Umstellungsosteotomie kann helfen, das Gelenk zu erhalten, statt frühzeitig ein künstliches Kniegelenk zu brauchen.

Viele verbinden Knieoperationen mit älteren Menschen. Doch auch Jüngere sind betroffen – etwa wenn Fehlstellungen wie O- oder X-Beine zu einer einseitigen Überlastung führen. Genau hier setzt die sogenannte Umstellungsosteotomie an: eine gelenkerhaltende Operation, die helfen kann, eine Prothese lange hinauszuzögern.

Immer mehr Menschen erhalten bereits mit 50 oder sogar früher ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk. Doch nicht immer muss das so sein: Die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik (AE) empfiehlt bei beginnender Arthrose – besonders bei jüngeren Betroffenen – frühzeitig auch gelenkerhaltende Operationen in Betracht zu ziehen.

Was ist eine Umstellungsosteotomie?

Die Umstellungsosteotomie ist ein chirurgisches Verfahren, bei dem durch gezielte Knochendurchtrennung und -verlagerung die Beinachse korrigiert wird. Ziel ist es, die Belastung im Kniegelenk neu zu verteilen – etwa von einem geschädigten Gelenkbereich auf einen noch gesunden. Besonders bei O- oder X-Beinen mit einseitigem Knorpelverschleiß kann das eine spürbare Entlastung bringen.

Umstellungsosteotomie bei Kniearthrose

Warum nicht gleich eine Prothese?

Ein künstliches Gelenk ist oft die letzte Option. Bei jüngeren, aktiven Menschen ist der Gelenkerhalt meist die bessere Wahl – auch weil moderne Prothesen zwar lange halten, aber bei Implantatwechsel mit höheren Risiken verbunden sind. Die Osteotomie kann in vielen Fällen den Gelenkersatz um Jahre oder Jahrzehnte hinauszögern.

„Gerade bei jungen Patienten lässt sich so ein Gelenkersatz um viele Jahre, manchmal Jahrzehnte hinausschieben“, sagt Prof. Dr. Georgi Wassilew, Generalsekretär der AE.

Auch auf dem Kongress Knee+Ski 2025 in Fieberbrunn war die Osteotomie ein zentrales Thema. In mehreren Fachvorträgen und Workshops diskutierten Experten die neuesten Techniken – von der Slope-Korrektur bis zur Torsionsosteotomie.

OA Dr. Martin Eichinger, PhD, vom Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol, war nicht nur Mitorganisator des Kongresses, sondern ist auch ein profilierter Osteotomie-Spezialist.

Bereits beim Tiroler Arthrosetag 2022 sprach Martin Eichinger über das Potenzial der Umstellungsosteotomie bei Früharthrose:

„Aus Studien wissen wir, dass bereits eine Achsabweichung von vier Grad das Arthrose-Risiko im Knie um das Dreifache erhöht.“

Laut Eichinger eignet sich die Operation besonders bei Patienten mit deutlicher Achsabweichung und Beschwerden – etwa bei einem starken O- oder X-Bein mit einseitigem Knorpelverschleiß. Die Umstellungsoperation führe zu einer besseren Lastverteilung, reduziere Schmerzen und könne unter Umständen eine Knieprothese um viele Jahre verzögern oder ganz vermeiden.

Beispiele aus Tirol: In seinem Vortrag schilderte Eichinger etwa den Fall eines jungen Mannes mit starker O-Beinachse nach einem Schienbeinkopfbruch, der durch die Umstellung wieder schmerzfrei arbeiten konnte. Oder eine Patientin mit ausgeprägtem X-Bein, bei der eine Doppelosteotomie nötig war, um die Statik zu harmonisieren.

Umstellungsosteotomie bei Kniearthrose

Wann ist eine Umstellungsosteotomie sinnvoll?

  • Bei ausgeprägtem X- oder O-Bein
  • Bei Schmerzen im inneren oder äußeren Knieanteil
  • Wenn der Knorpelschaden noch nicht das ganze Gelenk betrifft
  • Bei jüngeren Patient:innen mit aktiver Lebensweise
  • Wenn eine Prothese (noch) nicht gewünscht oder notwendig ist

Österreichischer Blickwinkel: 

In zahlreichen orthopädischen Abteilungen und Kliniken in Österreich – etwa in Tirol, Salzburg, Wien oder anderen Bundesländern – wird die Umstellungsosteotomie heute routinemäßig durchgeführt. Einrichtungen wie das BKH St. Johann unter Leitung von Dr. Eichinger sowie viele weitere erfahrene Orthopäden verfügen über hohe Expertise in gelenkerhaltenden Operationen am Knie. Eine sorgfältige Planung, bildgebende Diagnostik und individuell abgestimmte Reha sind entscheidend für den langfristigen Erfolg.

Save the Date: Knee+Ski 2026:

Nach der erfolgreichen Premiere 2025, wird auch im kommenden Jahr wieder ein internationaler Fachkongress in Fieberbrunn stattfinden. Knee+Ski 2026 bringt erneut Experten aus Orthopädie, Sportmedizin und Kniechirurgie zusammen – mit Fokus auf moderne Operationstechniken, realistische Fallbeispiele und individuelle Therapieentscheidungen. Die Kombination aus Wissenstransfer und Wintersport hat sich bewährt – und macht den Kongress auch für österreichische Kliniker besonders attraktiv.

Mehr Infos unter: www.kneeandski.com

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Die Umstellungsosteotomie ist kein Allheilmittel, aber ein starkes Werkzeug in der Früharthrose-Therapie. Voraussetzung: eine klare Fehlstellung, passende Beschwerden und eine individuelle Abklärung. Auch moderne Implantate haben heute eine längere Haltbarkeit – dennoch lohnt es sich, in jungen Jahren jede Möglichkeit des Gelenkerhalts sorgfältig zu prüfen.

Wissenschaftlich bestätigt: Die HTO hilft gleich doppelt

Die sogenannte hohe Tibiakopfosteotomie (HTO) kann laut aktueller Studie nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch das Fortschreiten der Arthrose bremsen.

Dabei handelt es sich um einen gelenkerhaltenden Eingriff, bei dem das Schienbein unterhalb des Knies durchtrennt und gezielt neu ausgerichtet wird. Ziel ist es, die Belastung im Kniegelenk gleichmäßiger zu verteilen – also z. B. den überlasteten inneren Gelenkbereich zu entlasten.

Eine aktuelle klinische Studie, veröffentlicht im renommierten Fachjournal Annals of Internal Medicine, liefert starke Argumente für diese Umstellungsosteotomie bei Kniearthrose im medialen (inneren) Gelenkanteil. Das Verfahren konnte nicht nur das Fortschreiten der Knorpelschädigung bremsen, sondern auch die Symptome der Patienten deutlich verbessern.

Was wurde untersucht? Die Studie verglich zwei Gruppen: Eine erhielt die HTO kombiniert mit nicht-operativer Behandlung, die andere nur konservative Maßnahmen ohne Operation. Der Knorpelzustand wurde mithilfe moderner Magnetresonanztomografie (MRT) gemessen, zusätzlich wurden die Beschwerden mit einem etablierten Fragebogen zur Lebensqualität (KOOS) bewertet.

Weniger Knorpelverlust: Zwei Jahre nach dem Eingriff zeigte sich: In der operierten Gruppe war der Verlust an Knorpelgewebe deutlich geringer als bei den Patient:innen ohne Operation. Das deutet darauf hin, dass der Eingriff helfen kann, das Knie strukturell länger gesund zu halten.

Mehr Lebensqualität: Auch die Beschwerden besserten sich deutlich: Im Durchschnitt berichteten HTO-Patient:innen von einer Verbesserung um +25 Punkte (von 100) – bei den nicht operierten lag die Verbesserung nur bei +9. Dieser Unterschied gilt als spürbar und medizinisch relevant.

Warum das wichtig ist: Bislang galt die Osteotomie vor allem als Methode zur Schmerzlinderung und Achsenkorrektur. Die Studie zeigt nun: Der Eingriff wirkt auch auf die Gelenkstruktur – und könnte damit auch für zukünftige Studien zur Arthrose-Therapie (z. B. knorpelerhaltende Medikamente) eine wichtige Grundlage sein.

Studienhintergrund: Die Untersuchung wurde an mehreren kanadischen Zentren durchgeführt – mit europäischer Beteiligung durch die Chondrometrics GmbH (Deutschland), die die Bildauswertung mittels MRT übernahm.

Quelle: Birmingham et al. (2025): High Tibial Osteotomy for Medial Compartment Knee Osteoarthritis: A Randomized Trial With Parallel Preference Arm. Annals of Internal Medicine.

Zitat Dr. Martin Eichinger: „Wir behandeln keine Röntgenbilder, wir behandeln Menschen mit Beschwerden. Die Operation muss immer zum Patienten passen.“

Quelle: Vortrag Dr. Martin Eichinger, Tiroler Arthrosetag 2022 / Knee+Ski 2025
Empfehlung der AE: www.ae-germany.com

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Hinweis: Die hier geteilten Informationen ersetzen keine ärztliche Diagnose oder Behandlung. Sie sollen helfen, deine Gesundheitskompetenz zu stärken und dich bei der Suche nach fundierten Informationen unterstützen.

Redaktioneller Beitrag von Barbara Egger-Spiess, Gesundheitsjournalistin & Herausgeberin des Arthrose Magazins

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